Europa sollte nach Ansicht von Helmut Scholz zwar außen- und sicherheitspolitisch zusammenarbeiten. Eine Verteidigungsunion lehnt der Spitzenkandidat der LINKEN in MV zur Europawahl im Politischen Salon der OZ aber ab.
Rostock. Der Spitzenkandidat der LINKEN in MV zur Europawahl, Helmut Scholz, hat sich gegen eine gemeinsame Rüstungs- und Verteidigungspolitik in der EU ausgesprochen. Dies würde zu einer weiteren Aufrüstung führen, meinte Scholz am Dienstag beim letzten Politischen Salon der OZ vor der Wahl am Sonntag. „Die gemeinsamen Projekte kämen noch obendrauf, denn die einzelnen Länder würden nicht auf ihre eigene Rüstung verzichten.“ Er sei zwar für eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Außenpolitik, aber nur im nicht militärischen Bereich. „Ich will keine Verteidigungsunion.“
In sicherheitspolitischen Fragen müsse auch weiterhin das Einstimmigkeitsprinzip gelten, forderte Scholz. „Sonst würden manche Staaten über die Außenpolitik anderer entscheiden.“ Dies könne etwa dazu führen, dass in Deutschland der Bundestag das Privileg zur Entscheidung über die Entsendung von Truppen verlieren könnte. Grundsätzlich müsse die Verteidigung in Europa so aufgestellt werden, dass sich die EU nur verteidigen und nicht selbst angreifen könne. „Die Nato und die EU werden nicht bedroht. Da kann man auch die Frage stellen: Wofür brauchen wir eine Armee?“, so Scholz.
Reden statt Konflikte
Auf die Frage von OZ-Chefredakteur Andreas Ebel, wie er die Sorgen der Polen und anderer osteuropäischer Staaten mit Blick auf Russland bewerte, antwortete Scholz: „Die Bedenken der Polen nehme ich sehr ernst.“ Allerdings werde auch in Polen über den richtigen Umgang mit den russischen Nachbarn diskutiert. „Wir brauchen eine Diskussion darüber, was wirklich das Verhältnis zwischen Staaten bestimmt“, so Scholz. Statt sich in Konflikte verwickeln zu lassen, sollte lieber gemeinsam etwa über Umweltfragen geredet werden.
Das gelte auch für die Auseinandersetzungen in der Ukraine: „Der Krieg in der Ukraine kann doch nicht beendet werden, indem wir weiter aufrüsten. Das wird das Problem nicht lösen. Auch die russischen Raketen, die auf Deutschland gerichtet sind, kriegen wir nicht weg, indem wir selber Raketen aufstellen“, glaubt Scholz. „Wir brauchen einen Stopp des militärischen Denkens in den bilateralen Beziehungen, wir sollten uns lieber an einen Tisch setzen.“ Dazu gehöre auch die Aufhebung des faktischen Redeverbots zwischen EU-Abgeordneten und russischen Parlamentariern. Die geltenden EU-Wirtschaftssanktionen wiederum stärkten in Russland nur die Hardliner.
Gemeinsame Energiepolitik
In der Energiepolitik meint Scholz, schon vor dem Bau der ersten deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream hätten die Nachbarstaaten besser einbezogen werden müssen. „Wir brauchen eine entschiedene gemeinsame Energiepolitik“. In diese könnten auch andere Staaten wie die Türkei oder die Ukraine einbezogen werden. Zur Diskussion um die neue Pipeline Nord Stream 2 meinte Scholz: „Ich halte nichts davon, dass wir statt russischem Gas teureres Fracking-Gas aus den USA importieren sollen.“ Vorrang müsse in jedem Fall der Klimaschutz haben: „Wir müssen uns auf eine kompromissbereite, aber entschiedene Energiepolitik konzentrieren, die unseren Planeten dauerhaft lebensfähig erhält, sonst ist alles andere egal.“
Dazu müssten auch in anderen Wirtschaftsbereichen Unternehmen durch Regeln dazu gebracht werden, stärker auf die Umwelt zu achten, so Scholz. „Das ist ein wichtiges demokratisches Steuerungselement. Es herrscht ein dringender Nachholbedarf, Umweltfreundlichkeit zum Kriterium für die Produktion zu machen.“ Dies sei ein mühseliger Prozess innerhalb der EU, räumte Scholz ein. „Aber wir müssen heute handeln, wenn wir in 30 Jahren noch einen lebenswerten Planeten haben wollen.“
Axel Büssem
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