Auf die Matte geworfen wurde Helmut Scholz natürlich nicht, angeschaut hat er sich diese aber schon. Wobei? Beim Besuch des Ringerstützpunktes in Luckenwalde. Anlass dazu war eine Einladung des Geschäftsführers des 1. Luckenwalder Sportclubs (1.LSC), Erik Scheidler, der Helmut Scholz gegenüber diese zum Neujahrsempfang des Landkreises Teltow-Fläming im Januar 2018 aussprach.
Gesprächspartner am Nachmittag des 23. Februar waren dann Vereinspräsident Jörn Levermann, Vizepräsident und Geschäftsführer Erik Scheidler und Marcus Bankert, Sichtungstrainer des Ringer-Verbandes Brandenburg. Der Standort Luckenwalde hat im Ringkampfsport eine lange Geschichte. Am 11. Oktober 1897 wurde der Vorläufer des heutigen 1. LSC, der 1. Luckenwalder Athletenklub „Adler 1897“ gegründet.
Das heutige Trainingsgebäude wurde Anfang der 1990er Jahre auch mit europäischen Mitteln umfangreich saniert und modernisiert. Der Standort wurde, auch in Anerkennung des Gewinns der Silbermedaille bei Olympia 1992 in Barcelona durch den in Luckenwalde trainierten Heiko Balz, zum Bundesstützpunkt Ringen erklärt.
In der seit einiger Zeit vom Spitzenverband diskutierten Sportreform soll es im Land Brandenburg nur noch einen Spitzensportstandort geben – Favorit hierfür ist Frankfurt (Oder). So oder so ist das Ziel des 1. LSC jedoch, Luckenwalde als Sportstandort zu erhalten und im Ringkampfsport ein starker Verein zu bleiben. Auch, wenn man ab 2019 wohl in Luckenwalde kein Bundesstützpunkt mehr sein wird.
Der Verein selbst lebt durch seine starke Mannschaft und das Mittun der vielen ehrenamtlichen Kräfte. Der 1.LSC hat zum Ziel, mit seiner Mannschaft weiter aufzusteigen, der Fokus liegt hier sehr auf dem eigenen Nachwuchs. Insbesondere die ehrenamtlichen Trainer achten bei dem viermal in der Woche stattfindenden Training auf die beste Ausbildung der Eigengewächse.
Präsident Levermann betonte, dass man sich im vereinseigenen Olympiaprojekt das Ziel gesetzt habe, vier eigene Ringer in unterschiedlichen Gewichtsklassen so fit zu machen, dass mindestens einer von ihnen sich für Olympia 2020 qualifizieren kann. Die Vereinsgeschichte mit Olympiamedaillengewinnern, Weltmeister- und Europameistertiteln sowie dem mehrmaligen Gewinn des Vizemeistertitels beim Mannschaftsringen und dem deutschen Meistertitel in der Saison 2005/2006 gibt Anlass zur Hoffnung. Auch das Land Brandenburg sieht das so und unterstützt das Projekt durch das Sportministerium finanziell.
Sichtungstrainer Marcus Bankert betonte, dass Kinder als Ringernachwuchs begeistert und geworben werden müssen. Wichtig sei hier auch der Kontakt zu den Eltern. Marcus Bankert besucht regelmäßig landesweite Wettkämpfe und den Sportunterricht der 6. Klassen in den Schulen. Hier werden die möglichen Ringer von morgen aktiv gesucht. Es gilt Interesse bei den Kids zu wecken, zweiter Schritt ist dann deren Besuch einer Ringer-Arbeitsgruppe (AG) innerhalb der schulischen Sport-AG. Drittens kommt dann im Erfolgsfall das Training im Verein zu Stande. Daher ist es insbesondere für den Standort Luckenwalde wichtig, dass die Eliteschule des Sports, die sportbetonte Oberschule Friedrich-Ludwig-Jahn, in Luckenwalde bestehen bleibt.
Ein Problem sieht der 1. LSC allerdings darin, dass die Oberschule nur bis zur 10. Klasse führt. Bisher konnte das Abitur, wenn gewünscht, dann in Kooperation mit dem ortsansässigen Oberstufenzentrum abgelegt und die Ringertalente so am Ort gehalten werden. Mit dem Fokus auf nur noch einen Stützpunkt will der Ringerverband aber gern die jungen Athleten dann nach Frankfurt (Oder) holen. Schwierig, Jugendliche in dem Alter aus ihrem gewohnten Umfeld zu holen, Freunde und Vertrautes zurücklassen zu müssen. Man sieht also, die Sportschule sichert auch das Überleben des Ringerstützpunktes …
Abschließend stellten Helmut Scholz und Felix Thier als sein Begleiter noch die Frage, inwiefern denn das politische Ziel „Integration durch Sport“ im Verein gelebt werde. Luckenwalde als sogenanntes Mittelzentrum verfügt u. a. über ein Wohnheim für Geflüchtete und auch allgemein sind in den letzten Jahren zunehmend Geflüchtete in der Region willkommen geheißen worden. Gerade die jungen Männer suchen sportliche Betätigungsfelder, das Ringen im Verein kommt da gerade recht. Da in jungen Altersstufen die Jungs im 1.LSC aber auch noch mit den Mädchen ringen und trainieren, gab es hier natürlich erwartbar anfänglich erste Probleme und Berührungsängste. Dem begegnete man im Verein und Wettkampf aber ganz praktisch: Wer gewinnen und nicht verlieren möchte, muss ran! Integration durch Sport – es kann funktionieren.