Für das menschliche Überleben ist der Erhalt der Natur von entscheidender Bedeutung. Ozeane regulieren das Klima, Bäume säubern die Luft, Bienen bestäuben Pflanzen.
Gewiss bewegt sich bei Umwelt- und Klimaschutz einiges – v.a. dank des stetigen und wachsenden Engagements von Bürger*innen und aktiver Bewegungen wie Fridays for Future. Doch der Mensch geht noch zu sorglos mit der Natur um, fügt ihr zunehmenden Schaden zu und gefährdet die biologische Vielfalt, die sogenannte Biodiversität. Dies bedeutet: die Vielfalt von Ökosystemen und der Arten sowie die genetische Vielfalt innerhalb einer Art gehen zunehmend verloren. So ist bspw. von den geschätzt acht Millionen Tier- und Pflanzenarten weltweit eine Million vom Aussterben bedroht – unter anderem auf Grund von Umweltverschmutzung, Klimawandel und dem Verlust von Lebensräumen. Die Umwandlung natürlicher Lebensräume in landwirtschaftlich genutzte Flächen, die Versiegelung von Böden und Ausdehnung der Städte, die Verschmutzung und Vermüllung der Weltmeere sind nur augenfälligste Spitze des Ursachen-Eisbergs.
Ein entschiedenes Gegensteuern ist überfällig, wenn wir innerhalb der nächsten 60 Jahre Biodiversität und damit auch das menschliche Leben erhalten wollen.
Deshalb forderte das EU-Parlament im Januar 2020 eine ehrgeizige „EU-Biodiversitätsstrategie 2030“, um die Hauptursachen des Verlusts der biologischen Vielfalt entscheidend anzugehen und rechtsverbindliche Ziele für die EU und ihre Mitgliedstaaten zu setzen. Am 5. Mai stellte die EU-Kommission eine neue Biodiversitätsstrategie für 2030 als Teil des Europäischen Grünen Deals vor, die u.a. Maßnahmen wie die Wiederherstellung von Ökosystemen und Schaffung neuer Schutzgebiete beinhaltet. Deren Analyse hat jetzt im EP begonnen.
Dabei ist klar: unsere Art und Weise des Wirtschaftens ist entscheidend umzustellen, die Bedingungen dafür sind von den Gesetzgebern verbindlich neu zu justieren. Produktion und Konsum sind nicht nur neu zu denken, sondern definitiv zu verändern, wenn wir Zukunft gewinnen wollen, und ja, im globalen Maßstab. Wir haben 50 Jahre seit den Warnungen des Club of Rome ungenutzt verstreichen lassen. Heute müssen Geopolitik und die Organisation der Weltwirtschaft demokratisch in Verantwortung gezwungen werden. Biodiversität, Arten- und Umweltschutz sind Themen, die in der internationalen Handelspolitik zum Tragen kommen müssen. Dies habe ich in einem Schreiben an den EU-Handelskommissar Phil Hogan deutlich gemacht. Eine anhaltende Ausrichtung der Ökonomien auf Wachstum gemessen am Bruttosozialprodukt kann und wird nicht mehr funktionieren; Ressourcenschonung, Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Agrarproduktion, Müllvermeidung, erneuerbare Energieerzeugung und Transportminimierung sind Stichworte für heutiges umwelt- und klimagerechtes Wirtschaften. Immerhin signalisierte die Reaktion des Handelskommissars Zustimmung. Er wolle künftig Möglichkeiten ausloten, die Auswirkungen von Handelsabkommen auf die biologische Artenvielfalt besser einzuschätzen. Entsprechende Aspekte sollen in bestehenden und künftigen Abkommen stärker berücksichtigt werden. Aber das sind vorerst „nur“ Worte und die Erfahrungen mit bisherigen Verhandlungen und Umsetzungszeiträumen machen skeptisch, wenn es um schnelle Veränderungen geht. Aber an einer Beschleunigung der Umstellung von Wirtschaft und Handel gibt es keinen Weg vorbei. Und es wird nicht mit rigider Marktlogik und in Konkurrenz zueinander, sondern nur im partnerschaftlichen, gemeinschaftlichen Agieren gelingen können. Phil Hogans Verpflichtung in seiner Antwort bleibt auf dem Prüfstand verantwortungsbewusster Gesetzgebung.
Schriftliche Antwort von EU-Handelskommissar Phil Hogan : https://www.fair-handeln-statt-ttip.eu/de/article/268.biodiversität-soll-größere-rolle-in-handelsabkommen-spielen.html