Der Rat der Europäischen Union entschied heute mit Mehrheit, die Europäische Kommission formell mit der Aufnahme von Verhandlungen für ein beschränktes Handelsabkommen mit den USA zu beauftragen. Die Entscheidung fiel im Agrarministerrat, in dem Deutschland durch Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner vertreten war, gegen die Stimme Frankreichs und bei Enthaltung von Belgien.
Dazu Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Europäischen Parlament:
"Das ausgerechnet Landwirtschaftsministerin Klöckner für Deutschland der Aufnahme von Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit den USA zugestimmt hat, beweist Naivität. Im Mandat für diese „TTIP light“ Verhandlungen steht zwar drin, dass sich nur bei Industriegütern und Fischereierzeugnissen auf eine komplette Marktöffnung geeinigt werden soll. Die USA haben aber die Landwirtschaft in ihrem Mandat explizit drin. Sie sind der größte Agrarexporteur der Welt. Am Ende wird Trump die Offenheit des US-Marktes für Autos aus Europa knallhart mit der Öffnung der EU für Agrarprodukte aus den USA verbinden. Das bricht unseren Bauern das Genick. Das bringt unseren Familien auf den Tisch, wogegen wir gemeinsam mit den Verbraucherschützern während der TTIP-Proteste gekämpft hatten: genetisch manipulierte Produkte, Hormonfleisch und Chlorhühner.“
„Der Rat hat die Bedenken nicht aufgegriffen, die im Europäischen Parlament in der Debatte formuliert worden waren. Schon dort hatte eine konservativ-liberale Mehrheit am Ende die Annahme einer kritischen Resolution verhindert.“, betont Scholz.
In Folge eines von Kommissionspräsident Juncker an US-Präsident Trump gegebenen Versprechens hatte die EU seit dem letzten Sommer bereits den Weg geebnet, den Import von Soja und von überwiegend durch Fracking gewonnenem Erdgas in die EU massiv zu steigern. Damit sollten Strafzölle und letztlich ein Handelskrieg mit den USA vermieden werden. „Wir senden Donald Trump die falschen Signale, wenn wir uns als Europäer von seinen Drohungen zur Öffnung unserer Märkte zwingen lassen.“ kritisiert MdEP Scholz. „Unsere Rapsbauern werden dieses Jahr durch die US-Konkurrenz enorm unter Druck geraten. Gaspreise werden für alle Haushalte steigen, denn der Kauf von amerikanische Gas ist doppelt so teuer wie das Gas aus Russland und Norwegen. Wenn er lernt, dass seine Methode Erfolg hat, wird Trump mit immer neuen Drohungen kommen. Airbus wird bereits erneut angegriffen. Auch die drohende Entscheidung über Strafzölle auf Autos ist längst nicht vom Tisch.“
„Erst hat US-Präsident Trump die Welt mit Strafzöllen auf Aluminium und Stahlprodukte überzogen, dann China in einen Handelskonflikt getrieben, unter dem die ganze Weltwirtschaft leidet, schließlich 25 Prozent Zölle auf Autos aus Europa angedroht, sollte die EU nicht einem Handelsabkommen mit den USA zustimmen. Das ist schlicht und einfach Erpressung.“ so der aus Brandenburg stammende Helmut Scholz weiter, in dessen Bundesland die Stahlbranche direkt betroffen ist.
In der aktuellen Einigung des Rates wird TTIP, das Freihandelsabkommen zwischen EU und USA, als obsolet bezeichnet. Scholz warnt jedoch: „Das Verhandlungsmandat für TTIP besteht weiterhin. Es wurde nicht aufgehoben. Was gilt nun? Gefordert ist Klarheit. TTIP muss endgültig vom Tisch, so, wie es viele Abgeordnete von nationalen Parlamenten und im Europaparlament und vor allem Millionen Menschen in Europa gefordert haben."