Der Norden steht in der Verantwortung
21.10.2009
Zum vierten Mal finden ab Donnerstag, den 22. Oktober 2009, die Europäischen Entwicklungstage statt. Zu den Themen des Forums, das in diesem Jahr in Stockholm stattfindet, gehören Klimawandel und Demokratieentwicklung ebenso wie die globale Finanz- und Wirtschaftskrise, Armut und Unterentwicklung sowie nicht zuletzt die Mitverantwortung des Nordens für die dramatische Situation in zahlreichen Entwicklungsländern. Helmut Scholz (MdEP), Mitglied des Parteivorstands der LINKEN, und Gabi Zimmer (MdEP/LINKE) sehen insbesondere die EU und ihre Mitgliedsstaaten in der Pflicht, eine Entwicklungs-, Handels- und Aussenpolitik zu gestalten, die diesen Namen auch verdient:
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen hungern derzeit weltweit mehr als eine Milliarde Menschen. Wegen der Wirtschaftskrise und hoher Lebensmittelpreise sei die Zahl der unterernährten Menschen in diesem Jahr nochmals um 100 Millionen gegenüber dem Vorjahr gestiegen, erklärte die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft zum Welternährungstag am 16. Oktober. Über dieses Problem werden die Teilnehmer der 4. Europäischen Entwicklungstage - darunter Politiker, Abgeordnete, Vertreterinnen und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen ebenso wie aus der Wirtschaft aus 125 Ländern - diskutieren und sich zugleich den Fragen des Klimawandels, der Entwicklung einer Zivilgesellschaft in den Entwicklungsländern oder dem überfälligen Umbau der internationalen Wirtschaftsbeziehungen stellen.
Über 50 Prozent der weltweiten offiziellen Entwicklungshilfe werden durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten gestellt; die Europäische Union ist einer der wichtigsten und einflussreichsten Akteure der Entwicklungszusammenarbeit. Was gut klingt, sieht in der Praxis jedoch oft anders aus und ist von europäischen Interessen dominiert. So werden mit dem Festhalten an der gegenwärtigen unfairen Weltwirtschaftsordnung und den auf europäischen Bedarf zugeschnittenen Handelsbeziehungen Abhängigkeit, Unterentwicklung, Armut und letztlich auch Krisen und Konflikte verstetigt. Mit ihrer Strategie des "Global Europe" setzt die Europäische Kommission auf Marktöffnung in anderen Teilen der Welt, während der eigene Markt gesichert bleibt. So sehen die von der EU präferierten und zum Teil schon geschlossenen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen WTO-kompatible Vereinbarungen vor, die zu 80-prozentigen Zollsenkungen innerhalb der kommenden 15 Jahre und schließlich zu offenen Märkten führen sollen. Für die Länder des Südens bedeutet der für die EU zu verschmerzende Zollabbau jedoch den Verlust von Einnahmen für Investitionen in Infrastruktur, Sozialsysteme oder zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung.
Gerade vor dem Hintergrund der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, deren Folgen für die Entwicklungsländer noch gar nicht abzusehen sind, ist es für die EU und ihre Mitgliedsstaaten unumgänglich, entwicklungspolitische Ziele nicht aufzugeben und eine eigenständige, gerechte und nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit umzusetzen und auszubauen. Dazu braucht es Partner - und Foren wie die Europäischen Entwicklungstage.
Die Linke in der Europäischen Union wird mit Aufmerksamkeit die Inhalte und Ergebnisse der Tage verfolgen und dies in der eigenen Arbeit berücksichtigen.
Strasbourg, den 21. Oktober 2009