Von Brüssel ins Brandenburgische via Berlin und zurück nach Brüssel - so sah mein Wochenende aus. 11,9 % für die LINKE in Deutschland. Wir haben den Kredit von 2005 eingelöst und ich bin stolz, dass wir die Chance, eine Linke neben der deutschen Sozialdemokratie ins Leben zu rufen, nicht verpasst haben. Jetzt steht das Parteienprojekt sicherlich vor einer seiner schwierigsten Aufgaben. Wir müssen Wurzeln schlagen. In Bayern über 6 %, auf Helgoland 13 %, 16 Direktmandate in Ostdeutschland, daraus lässt sich viel machen – eine anregende Programmdebatte, Politikentwicklung in und außerhalb der Parlamente, strategische Grundentscheidungen, wie die Linke Politik machen wird, damit die Menschen einer schwarz-gelben Regierung keine Krisenbewältigung durchgehen lassen, bei der die Schulden sozialisiert und die Gewinne wieder privatisiert werden.
In unserer ersten Wahlanalyse heisst es:
"Erstmals seit 1994 brachten die Wahlen wieder eine "schwarz-gelbe" Mehrheit bei den Zweit-Stimmen gegenüber den drei anderen Parteien (48,4% zu 45,6%). Im 17. Deutschen Bundestag verfügen Union und FDP über eine Mehrheit von 332 der voraussichtlich 622 Abgeordneten. Getragen wird dieser Wechsel von der Schwäche der SPD und der Stärke der FDP. Einem politischen Erdrutsch gleich kommt das Wahlergebnis durch die hohen Verluste der SPD bei gleichzeitigen Verlusten der Union. Keine der beiden Regierungsparteien konnte hinzugewinnen. Alle drei Oppositionsparteien gewinnen hinzu, am stärksten die FDP. Sie schafft zugleich den Wechsel auf die Regierungsbänke."
Ein strategisches Element der Politikentwicklung in der LINKEN heisst jetzt auch, den Stellenwert europäischer Politik in der LINKEN zu vergrößern, ihren Zusammenhang zum Leben in friedlichen Kommunen, die weltoffen und wirtschaftlich potent sind, immer wieder herzustellen. In den Werften ist die Krise schon mit aller Wucht angekommen und hier reichen nationalstaatliche Lösungen längst nicht mehr. Die Werftarbeiter wissen das selbst am besten und fordern europäischen Lösungen, wie eine ökologische Abwrackprämie für alte Schiffe auch ein. Weitere Absatzflauten in anderen Wirtschaftsbereiche werden folgen, 2010 wird kein einfaches Jahr. Die LINKE hat eine ernorme Verantwortung, ihre sozialen Kernthemen durch alle Fachpolitiken durchzudeklinieren. Wir können uns nicht länger leisten, unsere wirtschaftspolitischen Kompetenzen brach liegen zu lassen, während andere ihre platten Wachstumsträume mit ewig laufenden Atommeilern als zukunftsweisend verkaufen. Ehe die nächste Finanzblase aufgepustet wird, müssen wir deutlich verbindliche Regulierungen des Finanzmarktes – in Europa und weltweit – einfordern. Ein wenig Bonibegrenzungsgesäusel ist zwar schick, ersetzt aber keine Finanzpolitik, die Beschäftigung und sozial-ökologischen Herausforderungen gerecht wird.
Zum Glück sind wir nicht allein. In Portugal hat der Linkblock beinahe 10 % errungen und seine Mandate verdoppelt. Die PCP konnte ein weiteres Mandat mit fast 8 % erringen. Jetzt drücken wir die Daumen für die SYRIZA-Liste in Griechenland, mit der unsere Freunde von Synaspismos um eine soziale und um eine transparente Politik kämpfen.
Nutzen wir 11,9 % Prozent der LINKEN und entwickeln wir ein modernes, ein einladendes Parteiprojekt, in Deutschland und in Europa, indem Googles möglicher Kauf eines großen Teils des europäischen Wissens – zwecks Digitalisierung - genauso verhandelt wird, wie die Beendigung von Kriegen und die Entwicklung einer gerechten Weltwirtschaft.