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Café Gedanken frei: Das Weimarer Dreieck – Vergangenheit oder Zukunft?

27.05.2013

Seit über fünf Jahren wird im Weimarer "Café Gedanken frei" über Themen der Zeit debattiert. Die Veranstaltung am 26. Mai 2013 widmete sich der Bedeutung und Zukunft des Weimarer Dreiecks. In der Diskussionsrunde war auch Helmut Scholz. Ein Bericht aus dem Newsletter von Gabi Zimmer, Vorsitzende der Linksfraktion im EU-Parlament, die die Veranstaltung moderierte.

Von Ines Leukefeld

Trotz strömenden Regens füllte sich der Rathaus-Festsaal in Weimar am Sonntag, 26. Mai zusehends. Kurz vor Beginn der Veranstaltung im Rahmen des seit mehr als fünf Jahren bestehenden Weimarer Café Gedanken frei waren die ca. 80 Sitzplätze besetzt. Mit Spannung erwarteten die Gäste den Beginn der hochkarätig besetzten europapolitischen Diskussionsrunde zu Fragen nach der Vergangenheit und Zukunft des Weimarer Dreiecks. Neben Gabi Zimmer, der Präsidentin der Linksfraktion im Europaparlament, die die Veranstaltung moderierte, waren der Linkspolitiker Helmut Scholz, Mitglied des Europaparlaments und Experte der Außenpolitik, Weimars Oberbürgermeister Stefan Wolf, der Vorsitzende des Vereins Weimarer Dreieck, Dieter Hackmann, das Vorstandsmitglied der deutsch-polnischen Gesellschaft und TLZ- Vize Hartmut Kaczmarek, sowie der Leiter des französischen Kulturbüros in Thüringen, Bertrand Leveaux angereist.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung, die durch Gabi Zimmer, MdEP, eröffnet wurde, standen nach den Einstiegsreferaten von Helmut Scholz zur europäischen Außenpolitik und Dieter Hackmann zur Geschichte des Weimarer Dreiecks die Fragen nach der Zukunft des Weimarer Dreiecks und damit auch der Europäischen Union; steht doch die Geschichte des Weimarer Dreiecks exemplarisch für die Geschichte Europas. Das sogenannte Komitee zur Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern Frankreich, Polen und Deutschland, dessen Gründung auf ein Treffen der Außenminister der besagten Länder, Dumas, Skubiszewski und Genscher am 28. August 1991 im Thüringischen Weimar zurückgeht, ist längst nicht jedem EU Bürger bekannt. Kernidee des Projekts war die Förderung nach der französisch- polnisch- deutschen Zusammenarbeit. Zielsetzung die Abstimmung der Politik der drei Länder und die Stärkung der Europäischen Integration. Der Geburtstag von Johann Wolfgang von Goethe und der geschichtsträchtige Ort Weimar am Fuße des Ettersberges im Schatten des Konzentrationslagers Buchenwald war geradezu prädestiniert als Gründungsort.

Erstmals in der nunmehr fast 22 jährigen Geschichte der Weimarer Dreiecks widmet sich eine politische Partei (DIE LINKE) in einer öffentlichen Podiumsdiskussion dem Gremium, das von Beginn an Höhen und Tiefen erlebte. Das Verhältnis von Deutschland zu seinen Nachbarstaaten Frankreich und Polen ist seit jeher prägend für Krieg und Frieden, für Sicherheit und Stabilität in Europa. Die beiden verheerenden Weltkriege im letzten Jahrhundert; die deutsche Kriegserklärung an Frankreich und der Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen sprechen eine deutliche Sprache. „Das erklärte Ziel, „die Netze der Kooperation immer dichter zu knüpfen, die die Völker und Staaten über einst trennende Grenzen hinweg verbinden“, war in der konkreten Situation 1991 von immenser Bedeutung – und ist es noch immer“, so Helmut Scholz in seinen einführenden Worten. „Doch was ist aus dem Wunsch geworden, die Kooperation und Entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen nicht allein der Politik zu überlassen?“, bohrt die Linksparlamentarierin und Fraktionschefin in Europa während der Podiumsdiskussion nach. „Was ist aus den Forderungen geworden, den Gründungsgedanken auch in der Zivilgesellschaft zu verankern und die Bürgerinnen und Bürger in die grenzüberschreitende regionale Zusammenarbeit mit einzubeziehen und das einst Trennende auf allen Ebenen des Lebens über die Grenzen hinweg miteinander zu verbinden?“, so Zimmer beharrlich. Hartmut Kazcmarek`s Antwort dazu richtet sich ebenfalls an die Bürgerinnen und Bürger: „Die Zivilgesellschaft, das sind wir alle! Jeder sollte an seinem Platz dazu beitragen, dass wir auf diesem Weg vorankommen.“ Auch aus dem breit gefächerten Publikum wurden Forderungen nach mehr Bürgerfesten, polnisch-französisch-deutschen Volksfesten und mehr Begegnungen der Menschen laut. Der Oberbürgermeister der Stadt Weimar erwähnt daraufhin das Filmfestival tricolore, das im Zusammenhang mit dem Weimarer Dreieck ins Leben gerufen wurde und verweist darauf, dass die Stadt Weimar zwar eine hohe Verantwortung in diesem Gesamtprozess trage, aber nicht alles stemmen könne. Schließlich hätte das Land Thüringen, namentlich das Wirtschaftsministerium, die Gelder gestrichen, so dass die Veranstalter und die Stadt das Handtuch werfen mussten.

Kritische Stimmen aus dem Publikum mahnten Wolfs Verantwortung bei der Nichternennung Stephane Hessels als Ehrenbürger der Stadt Weimar zu Recht an. „Bertrand Herz ist Ehrenbürger der Stadt Weimar. Die Polen und die deutschen Antifaschisten eint das Vermächtnis von Buchenwald. Auschwitz liegt in Polen“, äußert sich einer der Teilnehmer und verweist kopfschüttelnd darauf, dass er die Entscheidung des OB Wolf gegen Hessel in keinster Weise verstehen könne. Persönlichkeiten in Ost und West, die im Kampf um ein friedliches und soziales Europa standen und stehen und als „Grenzgänger" zwischen Deutschland, Frankreich und Polen bekannt und geachtet sind, hätten Weimar und dem Weimarer Dreieck Namen geben können, mit denen unter Anderem auch die Bürgerinnen und Bürger der drei Länder hätten eine Identifikation erlangen können. Bertrand Leveaux vergleicht den Zustand des Weimarer Dreiecks mit einem Garten, der immer wieder aufs Neue gehegt und gepflegt werde müsse, bevor er wegen einer Reise nach Paris die Veranstaltung vor Abschluss verlassen musste. Gabi Zimmers Bilanz der kontroversen Diskussion und mögliche Antwort auf die im Raum stehende Frage nach der Zukunft des Weimarer Dreiecks: „Es hat Zukunft, wenn es uns allen gelingt, es mit Leben zu füllen. Das sollte die wichtigste Aufgabe sein!“

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