Das Erbe des Kalten Kriegs beseitigen!
05.09.2012
In seinem Kommentar fordert Helmut Scholz den Abzug US-amerikanischer Atomwaffen aus Deutschland, die Einrichtung kernwaffenfreier Zonen und tatsächliche Abrüstungsschritte weltweit
Nun ist es heraus. Die in der Bundesrepublik gelagerten US-amerikanischen Atomwaffen bleiben vorerst weiter auf deutschem Boden. Wie am Mittwoch mehrere Medien berichteten, sei der Beschluss offensichtlich bereits auf dem NATO-Gipfel im Mai in Chicago getroffen worden – unter deutscher Zustimmung. Mehr noch: Die B61-Atombomben, die auf der US-Basis Büchel in Rheinland-Pfalz stationiert sind, sollen modernisiert werden.
Damit erweisen sich die vollmundigen Aussagen von Bundesaußenminister Westerwelle über „das deutsche Engagement für nukleare Nichtverbreitung und nukleare Abrüstung“ noch vor wenigen Tagen auf der Konferenz „Vom Kernwaffenteststopp zur kernwaffenfreien Welt“ in Astana als leere Worthülsen. Während der Minister in Kasachstan die in Zentralasien entstandene atomwaffenfreie Zone würdigte, negiert die Bundesregierung auch über 20 Jahre nach Ende des Kalten Kriegs, in dem die Territorien der beiden deutschen Staaten zu den am höchsten gerüsteten Regionen gehörten, noch immer ihre besondere Verantwortung für Abrüstung und internationale Sicherheit.
Dabei benötigt die Beseitigung der weltweiten Rüstungsarsenale dringend einen Schub. Zwar gab es kleine Schritte, aber weder die USA, Russland, noch die anderen Atomwaffen besitzenden Staaten haben bisher substanziell die vereinbarte Abschaffung ihrer umfangreichen Arsenale realisiert – trotz der von US-Präsident Obama in seiner Prager Rede vor drei Jahren angekündigten Abrüstungsinitiative. Der praktische Stillstand bei der Rüstungsreduzierung und der andauernde Streit um den US-Raketenschirm in Osteuropa drohen, die Rüstungsspirale anzutreiben sowie das noch immer vorhandene Misstrauen zwischen Russland auf der einen und den USA und der NATO auf der anderen Seite anzuheizen.
Eine atomwaffenfreie Zone Mitteleuropa, die nicht zuletzt von der LINKEN seit Jahren gefordert wird, wäre in dieser Hinsicht ein wichtiges und international wahrnehmbares Signal. Für die Existenz von Kernwaffen auf deutschem Boden gibt es keinerlei Begründung. Im Gegenteil: Das Festhalten an nuklearen Arsenalen selbst wird zur Gefahr. Auf dem von mir im Mai kurz nach dem Chicagoer NATO-Gipfel initiierten Hearing der Linksfraktion im Europaparlament zur Nuklearstrategie hatten WissenschaftlerInnen, Friedensaktivistinnen und Aktivisten, Vertreter der Zivilgesellschaft und Europaparlaments-Abgeordnete die Bedeutung kernwaffenfreier Zonen als wirksames Instrument zur Rüstungsbegrenzung und Abrüstung betont. Dies gilt für Mitteleuropa, den Nahen Osten und alle anderen Regionen mit Kernwaffen weltweit.