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Arbeitnehmerfreizügigkeit – gleicher Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen am gleichen Ort - Chancen für unsere Deutsch-Polnische und die Deutsch-Tschechiesche Grenzregion

28.03.2011

Seit dem Beitritt von 12 mittel-, ost- und südosteuropäischen Ländern zur Europäischen Union in den Jahren 2004 und 2007 haben wir als Linke immer gefordert: Beschränkungen der Rechte der Bürgerinnen und Bürger dieser Länder gegenüber Bürgerinnen und Bürgern in den "alten" Mitgliedstaaten, wie z.B. im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit, dürfen nur Übergangscharakter haben.

ARBEITNEHMERFREIZÜGIGKEIT – GLEICHER LOHN UND GLEICHE ARBEITSBEDINGUNGEN AM GLEICHEN ORT - CHANCEN FÜR UNSERE DEUTSCH-POLNISCHE UND DIE DEUTSCH-TSCHECHISCHE GRENZREGION

Seit dem Beitritt von 12 mittel-, ost- und südosteuropäischen Ländern zur Europäischen Union in den Jahren 2004 und 2007 haben wir als Linke immer gefordert: Beschränkungen der Rechte der Bürgerinnen und Bürger dieser Länder gegenüber Bürgerinnen und Bürgern in den "alten" Mitgliedstaaten, wie z.B. im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit, dürfen nur Übergangscharakter haben. Die Regierungen der Mitgliedstaaten waren aufgefordert, in ihren Ländern innerhalb des kürzest möglichen Zeitraums die Voraussetzungen für die Aufhebung dieser Beschränkungen zu schaffen. Die Bundesrepublik Deutschland war neben Österreich der einzige "alte" Mitgliedsstaat, der die Arbeitnehmerfreizügigkeit über einen höchstmöglichen Zeitraum von sieben Jahren aussetzte. Die Beschränkung der Freizügigkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den beigetretenen Staaten fand seine Begründung zunächst in der konkreten Arbeitsmarktsituation in Deutschland. Hauptgrund für die volle Nutzung der Übergangsfrist durch die Bundesrepublik war jedoch das Agieren der Bundesregierung, die sich strikt weigerte, hinreichende nationale Regelungen gegen Lohndumping und ruinösen Lohnwettbewerb einzuführen. Für DIE LINKE gehört die Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger zu den Fundamenten der Europäischen Union - nur wenn ausreichende Maßnahmen zum Schutz bestehender sozialer Standards ergriffen werden, wird die Europäische Union von den Menschen als Freiheitsgewinn und nicht als Bedrohung wahrgenommen. Die PDS hat sich deshalb schon vor 2004 dafür eingesetzt, bereits absehbare Beschränkungen so schnell wie möglich aufzuheben. In den Parlamenten und im außerparlamentarischen Raum haben wir uns für flexible Regelungen starkgemacht, die die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland und in anderen Mitgliedstaaten ebenso berücksichtigen wie die Erfordernisse der Entwicklung gemeinsamer Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialräume in der deutsch-polnischen wie der deutsch-tschechischen Grenzregion. Wir konnten uns dabei auf die Unterstützung des DGB, der Wirtschaftskammern, von Arbeitgeberverbänden und auch von verschiedenen Akteuren aus der Grenzregion stützen. Trotz all dieser Bemühungen fehlt in Deutschland bis heute ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn als Lohnuntergrenze, so wie er in 20 der 27 EU-Mitgliedstaaten bereits geltendes Recht ist. Der Grundsatz „Gleicher Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ wird nicht durchgesetzt.

Vor diesem Hintergrund erklärt der Parteivorstand:

1. Die Herstellung der vollen Freizügigkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien sowie Ungarn am 1. Mai 2011, die mit der Aufhebung der verbliebenen Einschränkungen im Bereich der Dienstleistungsfreiheit verbunden ist, stellt einen wichtigen Schritt zur Integration der neuen Mitgliedstaaten in die Europäische Union dar.

2. Es muss verhindert werden, dass in Deutschland ab dem 1. Mai 2011 deutsche und ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegeneinander ausgespielt werden und Unternehmen Arbeitskräfte aus anderen EU-Mitgliedstaaten als Lohndrücker missbrauchen! Der Wettbewerb zwischen den Regionen und den Unternehmen darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Eine Abwärtsspirale bei den Arbeits-, Sozial- und Lohnstandards würde zum Anwachsen antieuropäischer Ressentiments führen. Um den mit einer vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit einhergehenden Druck auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu vermeiden, um Lohndumping zu verhindern und eine wirtschaftlich faire wie sozial gerechte Wettbewerbssituation zu schaffen, müssen gesetzliche Mindestlöhne und soziale Mindeststandards eingeführt werden. DIE LINKE wird sich deshalb weiter parlamentarisch und außerparlamentarisch vor allem dafür einsetzen, dass es in der Bundesrepublik einen gesetzlichen Mindestlohn für alle Branchen in Höhe von 10 Euro gibt. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz muss auf weitere Branchen ausgeweitet werden und die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit erleichtert werden. Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ sowie generell gleiche Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer und Stammbelegschaft müssen ohne Ausnahme gelten. Landesvergabegesetze, für die sich DIE LINKE in den Ländern einsetzt, betrachten wir in diesem Zusammenhang als einen wichtigen Baustein für fairen Lohn sowie zur Sicherung der Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

3. Die Politik auf Bundes- und vor allem auf Landesebene (Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen) ist gefordert, die notwendigen Rahmenbedingungen für einen gemeinsamen Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialraum in der deutsch-polnischen und deutsch-tschechischen Grenzregion zu schaffen. Wir wollen, dass Deutsche, Polen und Tschechen hier in der Region, hier in ihrer Heimat ihre Zukunft gestalten können. DIE LINKE unterstützt deshalb die Bemühungen der Kammern, des DGB, von kommunalen und anderen Akteuren, die sich vor dem Hintergrund der Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes am 1. Mai 2011 für wirksame Schritte hin zur Schaffung gemeinsamer europäischer Regionen an der ehemaligen EU-Außengrenze einsetzen. Auch wir wollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der Europäischen Union bei uns herzlich willkommen heißen. Auch wir wollen grenzüberschreitenden Wirtschaftskooperationen und die Vernetzung der Arbeitsmärkte in der Grenzregion weiter befördern, um stabile Beschäftigung zu sichern. Gemeinsam mit Partnern in der Republik Polen und in der Tschechischen Republik werden wir unseren Beitrag dazu leisten, dass bestehende Hindernisse zügig abgebaut werden. Dazu gehören vor allem: der Aufbau stabiler Beziehungen zwischen den Arbeitsmarktbehörden in Polen und Tschechien; die Schaffung erweiterter Möglichkeiten für den Erwerb der Sprache des Nachbarn in den drei Ländern und generell eine bessere Vorbereitung deutscher, polnischer und tschechischer Jugendlicher auf ein Arbeitsleben in zusammenwachsenden Grenzregionen; der Aufbau von speziellen Beratungsmöglichkeiten für ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, damit sie hier in der Grenzregion gleichberechtigt mit Deutschen ihre Rechte wahrnehmen können. Auch und gerade durch diese Schritte werden wir versuchen, bestehende Ängste, die es auf beiden Seiten der Grenzen gibt, abzubauen und ihrer Instrumentalisierung durch rechtsextremistische und rechtspopulistische Kräfte entgegenwirken.

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