DIE LINKE im Europäischen Parlament unterstützt die heutigen Demonstrationen belgischer Gewerkschaften in Brüssel anlässlich des vom Europäischen Gewerkschafts-Bundes ausgerufenen "European Day of Action".
Nein zur Austeritäts-Programmen
Soziales Europa - jetzt!
DIE LINKE im EP unterstützt die Forderung des DGB nach einem Sozialen Europa
DIE LINKE im Europäischen Parlament unterstützt die heutigen Demonstrationen belgischer Gewerkschaften in Brüssel anlässlich des vom Europäischen Gewerkschafts-Bundes ausgerufenen "European Day of Action".
Nein zur Austeritäts-Programmen
Die geplanten Entscheidungen des Europäischen Rates an diesem Wochenende setzen die unsoziale Politik der EU nahtlos fort. Mit dem geplanten Stabilitätsmechanismus, der Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und dem nun geplanten "Pakt für mehr Wettbewerbsfähigkeit" soll den Menschen die Kosten der Krise aufgebürdet werden. Die Verursacher der Krise, Banken und Spekulanten, kommen einmal mehr ungeschoren davon.
Dazu erklärt Thomas Händel, MEP und Mitglied des Beschäftigungs- und Sozialausschusses im Europäischen Parlament:
"Die Staats- und Regierungschefs sind aufgefordert, diesem Pakt nicht zuzustimmen. Die Menschen in den Ländern der EU kämpfen schon jetzt mit den Folgen der Krise. Wir LINKE lehnen die geplanten Schuldenbremsen, eine Erhöhung des Rentenalters und Eingriffe in die Tarifautonomie ab. Damit wird nicht nur antizyklische Wirtschaftspolitik unmöglich gemacht. Damit werden Lohn- und Rentenkürzungen, Abbau sozialer Leistungen und die Zerschlagung des Sozialstaates zur Sanierung der maroden Banken und Finanzinstitute durchgedrückt. Dies widerspricht eklatant den Zielen der Europäischen Union von sozialer Gerechtigkeit und nachhaltigem Wachstum."
Gabi Zimmer, Koordinatorin der europäischen Linksfraktion GUE/NGL im Beschäftigungsauschuss, fügt hinzu: "Die Regierungschefs arbeiten gezielt an den demokratischen Mechanismen der EU vorbei. Die Gefahr der Gouvernementalisierung der EU vergrößert sich. Die vor allem von Deutschland ausgehende Zurichtung der EU zur freien Wettbewerbszone ohne soziale Rechte muss verhindert werden. Der Day of Action muss zu einem Year of Action werden. Die neoliberale Hegemonie muss gebrochen werden."
Die Erklärung des DGB:
Pakt der ökonomischen Unvernunft und sozialen Kälte
Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes haben sich am 11. März 2011
in Brüssel auf einen „Pakt für den Euro“ verständigt. Er bringt drei wichtige Fortschritte, enthält vor allem aber
unzählige falsche Entscheidungen mit sehr problematischen Auswirkungen für die Arbeitnehmerschaft und die
sozialen Sicherungssysteme.
Richtig ist,
- die Zinssätze für Darlehen an Griechenland zu senken und ihre Laufzeiten zu verlängern,
- es dem EFSF (Europäische Finanz- und Stabilitätsfaszilität) bzw. dem zukünftigen ESM (Europäischer
Stabilisierungsmechanismus) zu ermöglichen, in Ausnahmefällen die Staatsanleihen direkt aufzukaufen
und
- die Darlehenskapazität ab 2013 auf 500 Milliarden Euro zu erhöhen.
Falsch ist hingegen, einen „Pakt für den Euro“ anzunehmen, der die Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone einzig
und allein auf Kosten der europäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessern und andererseits die
durch die Finanz- und Wirtschaftskrise entstandene Verschuldung der öffentlichen Haushalte vorrangig durch
massive Einschnitte in die sozialen Sicherungssysteme zurückfahren will. Insbesondere von Bundeskanzlerin
Angela Merkel getrieben wird hier Politik zu Lasten der Menschen gemacht. Wieder einmal sollen die Verursacher
der Krise ungeschoren davonkommen. Lohndumping und Niedriglöhnen wird Vorschub geleistet, vor
Steuerdumping und Kapitalflucht hingegen kapituliert. Der Pakt steht für eine soziale Schieflage ungeahnten
Ausmaßes. Denn er ist ein
Pakt gegen die Europäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften.
Unter dem Deckmantel „einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik“ sieht der „Pakt für den Euro“ vor, in die
Tarifautonomie und die historisch gewachsenen Lohnbildungsprozesse der Mitgliedstaaten einzugreifen, die
Lohnfindung möglichst auf die Betriebsebene zu verlagern und die Lohnabschlüsse im öffentlichen Sektor wie im
Privatsektor möglichst niedrig zu halten. Mit moderaten Lohnabschlüssen sollen die Wettbewerbsfähigkeit
gesichert und übermäßige Steigerungen der Lohnstückkosten verhindert werden. Um zu bewerten, ob die Löhne
sich entsprechend der Produktivität entwickeln, sollen die Lohnstückkosten über einen Zeitraum hinweg
beobachtet werden, in dem sie mit den Entwicklungen in anderen Ländern des Euro-Währungsgebiets und in den
Ländern, welche die wichtigsten vergleichbaren Handelspartner sind, verglichen werden. Für jedes Land sollen die Lohnstückkosten für die Wirtschaft insgesamt und für jeden wichtigen Sektor (verarbeitendes Gewerbe,
Dienstleistungen sowie die Wirtschaftszweige für handelbare und nicht handelbare Güter) bewertet und
festgelegt werden. Das Ziel ist, einen starken Anstieg der Löhne und dadurch der Lohnstückkosten zu verhindern
– vor allem dann, wenn sie mit einer Ausweitung des Leistungsbilanzdefizits und rückläufigen Marktanteilen bei
den Exporten einhergehen. Nicht zuletzt sollen Arbeitsmarktreformen zur Förderung der "Flexicurity" und
Maßnahmen zur Erleichterung der Beteiligung von sogenannten Zweitverdienern an der Erwerbstätigkeit ergriffen
werden. Übersetzt heißt das nichts anderes als eine weitere Deregulierung der Arbeitsverhältnisse und die
Erleichterung von Heuern und Feuern.
Das zeigt, dass die Staats- und Regierungschefs nichts aus der Krise gelernt haben. Denn gerade die Länder, in
denen Arbeitnehmerrechte und eine hohe Flexibilität des Tarifsystems gewährleistet sind und die auf deren
Grundlage große Anstrengungen unternommen haben, die Beschäftigung zu halten und zu sichern, sind besser
aus der Krise gekommen als Länder mit total flexibilisierten Arbeitsmärkten.
Der nun einer scheinbar ökonomischen Logik folgende „Pakt für den Euro“ hat weitreichende Folgen für die
Arbeitnehmerschaft und die europäischen Gewerkschaften:
- Die Tarifautonomie gilt nur im Rahmen der ermittelten Produktivitätsentwicklung, der Inflationsausgleich
fehlt;
- die Dezentralisierung der Lohnfindung würde die Funktion der Flächentarifverträge beeinträchtigen und
zur Lohnpolitik nach betrieblicher Kassenlage führen;
- das würde wiederum die Lohnspreizung nicht nur zwischen den Branchen, sondern zwischen den Betrieben vergrößern.
Letztendlich werden die empfohlenen Maßnahmen auf Kosten der Arbeitnehmerschaft gehen und eine
Schwächung der Gewerkschaften zufolge haben.
Pakt gegen soziale Sicherungssysteme
Unter dem Vorwand der langfristigen Sicherung der öffentlichen Haushalte zielt der Pakt zugleich auf Einschnitte
in die Sozialversicherungssysteme ab. Um die vollständige Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu
gewährleisten, werden Renten, Gesundheitsfürsorge und Sozialleistungen zur Disposition gestellt. Dabei wird die
Angleichung des Rentensystems an die nationale demografische Situation gefordert – beispielsweise durch
Heraufsetzung der Altersgrenzen oder die Begrenzung der Vorruhestandsregelungen. Um Rentenkürzungen zu
kompensieren, sollen Anreize für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer geschaffen werden. Und auch der
Anstieg der Gesundheitsausgaben soll überprüft und möglichst begrenzt werden. Übersetzt heißt das: Welche
Leistungen können wir den Kranken noch kürzen? Welche Zusatzbeiträge ihnen noch aufbrummen?
Mit diesen Vorgaben wird überdeutlich, dass die Sanierung der durch die Krise hochverschuldeten öffentlichen
Haushalte auf Kosten der sozialen Sicherungssysteme und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geleistet
werden soll. Das führt unweigerlich zu einer dramatischen Aushöhlung des Sozialstaatsprinzips.
Pakt gegen ein demokratisches Europa
Die Entscheidung, den Pakt nicht im Rahmen der Gemeinschaftsmethode zu initiieren, hat weitreichende Folgen:
- Erstens kann man so ungehindert in Politikbereiche eingreifen, auf die man europäisch ansonsten
keinen Zugriff hat (Löhne und Renten).
- Zweitens werden dabei die anderen europäischen Akteure wie die EU-Kommission und das Europäische
Parlament außen vor gelassen oder lediglich in eine Hilfs- und Kontrollrolle gedrängt (EU-Kommission).
Die Gemeinschaftsmethode hat im Gegensatz zur Regierungszusammenarbeit eingebaute Kontrollmechanismen.
Durch die jetzige Konstruktion des Paktes verfügen aber allein die Regierungen im Rat über weitreichendste
Kompetenzen, das Europäische Parlament dagegen hat allenfalls beratende Funktion.
Dabei ist hinlänglich bekannt, dass die Europäischen Räte durch „Tauschgeschäfte in Hinterzimmern“
gekennzeichnet und jeder Kontrolle und Transparenz entzogen sind. Der „Pakt für den Euro“ führt damit zu einer
gefährlichen Machtkonzentration in den Händen der Staats- und Regierungschefs. Gleichzeitig sind sowohl das
Europäische Parlament wie die nationalen Parlamente schnell auf die Zuschauerbänke verwiesen.
Aus den genannten Gründen lehnt der DGB den „Pakt für den Euro“ entschieden ab. Wettbewerbsfähigkeit ist
kein Selbstzweck.
Europa braucht einen Kurswechsel für mehr Gerechtigkeit, Wachstum und Beschäftigung!
Zentrale Elemente dieses Kurswechsels sind:
- die Autonomie der Tarifpartner muss unangetastet bleiben
- die solidarischen Sozial-, Renten-, und Gesundheitssysteme dürfen nicht der Sanierung der öffentlichen Haushalte geopfert werden
- faire Löhne sowie Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping
- ambitionierte Investitions- und Innovationsprogramme statt Schuldenbremse und Lohndumping, damit
mit Zukunftsinvestitionen Wachstum, Beschäftigung, Einkommen und Wohlstand für alle entstehen
- gerechte Steuersysteme und solide und nachhaltige Steuereinnahmen. Diese müssen europaweit
koordiniert werden. Steuerflucht und Steuerdumping dürfen in Europa keinen Platz mehr haben
- eine sofort eingeführte Finanztransaktionssteuer zumindest in der Eurozone, die die Steuereinnahmen
erhöht
Der neoliberale Politikansatz hat die Finanzkrise mit verschuldet – es ist völlig unbegreiflich, dass er durch den
„Pakt für den Euro“ erneut die europäische Politik dominiert.