Am Sonnabend ist es soweit: Deutschlands größter Handelspartner innerhalb der EU wird zum großen Handelspartner außerhalb der EU. Am Dienstag hat das Europäische Parlament das Abkommen über Handel und Kooperation zwischen EU und Vereinigtem Königreich bestätigt, ab 1. Mai ist es in Kraft.
Helmut Scholz, Handelspolitischer Sprecher von THE LEFT im Europäischen Parlament:
„Trotz des enormen Zeitdrucks, unter den die Abgeordneten durch die Einigung praktisch in letzter Minute zum Jahreswechsel und das folgende vorläufige Inkraftsetzen des Abkommens gesetzt wurden, konnten wir wesentliche Akzente in dem Abkommen setzen.“ Das zeige sich insbesondere darin, dass die Rückkehr zu einer Handelsgrenze quer durch die irische Insel – eine Kernforderung von THE LEFT – verhindert wird, aber auch beim Verbot der Absenkung von Sozialstandards zur Erlangung eines Wettbewerbsvorteils. Scholz: „Links hat gewirkt“.
„Die Zustimmung zu dem EU-UK-Abkommen war alternativlos“, so der Handelsexperte weiter. „Praktisch haben sich die Abgeordneten in einer ‚loose-loose Situation‘ befunden, in der die Bestätigung des Vertrags das kleinere Übel war. Ein No-Deal wäre die schlechteste alles Varianten gewesen, sowohl für die Situation an der irisch-britischen Grenze als auch für die Handelsbeziehungen zwischen beiden Seiten. Denn die Konsequenzen hätten vor allem Millionen Menschen dies- und jenseits des Ärmelkanals zu tragen gehabt. Daher hat auch die Linksfraktion ihr Ja gegeben.“
Zu den Erfolgen der Linksfraktion gehöre auch, dass eine Absenkung von Standards bei den Rechten von Arbeitnehmer*innen durch das Abkommen verboten wird. Der Abgeordnete betonte, dass „wir aufmerksam verfolgen müssen, ob und wie sich die Regierung Johnson an den Vertrag hält. Die britische Regierung erwägt bereits öffentlich, die in der EU erkämpfte Begrenzung der Wochenarbeitszeit für Britannien nun aufzuheben.“ Der Handelsausschuss werde eine eigene Monitoring-Group einrichten, in der Scholz die Linksfraktion vertreten wird.
Hintergrund:
Erst sieben Tage vor dem endgültigen Ausscheiden Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion (31.12.2020) erreichten Unterhändler beider Seiten am Heiligabend 2020 den Brexit-Handelsdeal - offiziell Handels- und Kooperationsabkommen. Es regelt die Bedingungen für die künftige Zusammenarbeit zwischen EU und Vereinigtem Königreich in den Bereichen Handel (ohne Kontingente und Zölle), Fischerei, Energie, innere Sicherheit und faire Wettbewerbsstandards. Das Abkommen wurde auf Beschluss des Europäischen Rates nur vorläufig in Kraft gesetzt, da die Zustimmung des Europäischen Parlaments noch ausstand. Die Frist zur Entscheidung des Parlaments endete zum Ende des Monats April.