MdEP Helmut Scholz (LINKE), Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und des Transatlantischen Gesetzgeberdialogs, zum Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA:
„Der Ausgang der Wahlen in den USA bleibt vorerst offen. Alle sollten ruhig bleiben, Geduld zeigen und den demokratischen Ablauf respektieren.“ mahnt der Außenpolitiker Helmut Scholz, im Europaparlament in der Delegation für die Beziehungen mit den USA engagiert.
„Es ist inakzeptabel, dass Donald Trump sich vorschnell zum Sieger erklärte und den Abbruch der Zählung der Briefwahlstimmen fordert.“ kommentiert Scholz. „Ich befürchte, dass Trumps Behauptung, es sollten in der Briefwahl nun Stimmen „erfunden“ werden, in der angespannten Stimmung im Land einige Fanatiker zum Handeln anstiften könnte.“
Scholz sieht das Land stärker gespalten als je zuvor. „Trump steht für einen beispiellosen ‚Rollback‘ – er sollte und wollte die Erfolge der Bürgerrechtsbewegungen der letzten Jahrzehnte zurücknehmen“, betont das Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu den USA nach der Wahlnacht. „Die Jugend hasst ihn dafür und das Bildungsbürgertum in den urbanen Zentren an den Küsten schämt sich für den Mann“, weiß Scholz. „Doch für die besonders wertkonservativen Christen im mittleren Westen und unter den anti-kommunistischen Latinos von Miami ist der Mann ein Held. Erneut hat er alle Prognosen weit übertroffen. Die ‚Bewegung Trump‘ hat diese vielen Stimmen gewonnen, zu der Trump die Republikanische Partei gemacht hat.“
„Als Mitglied des Handelsausschusses muss ich feststellen, dass die Wirtschaftspolitik von Trump als wichtigster Entscheidungsgrund von seinen Wähler*innen genannt wurde“ bemerkt Scholz. „Die Hälfte der amerikanischen Wähler*innen unterstützte deshalb Trumps Kurs einer Prosperität auf Kosten des ‚Rests‘ der Welt, seine Hasard-Politik auf internationaler Ebene und das Anzetteln von Handelskriegen, die Vertiefung sozialer Gräben in den USA, das Schüren von Hass und Rassismus, den ökologischen Raubbau an der Zukunft der nächsten Generationen.“
„Seine Bereitschaft zum offenen Bruch von demokratischen Grundrechte und Gepflogenheiten haben die US-amerikanische Gesellschaft verändert. Dazu gehörte auch die Ernennung einer extrem konservativen Verfassungsrichterin unmittelbar vor den Wahlen, was die Rechtsprechung in den USA über Jahre prägen wird.“
Scholz weiter: „Sollte Joe Biden der Sieg noch gelingen, sind die Herausforderungen für den Wahlsieger jedoch tatsächlich historisch. Zentrale Aufgabe und Herausforderung ist, gesellschaftliche Konflikte zu überwinden und den sozialökonomischen Umbau in den USA in Angriff zu nehmen. Denn es ist offensichtlich, dass insbesondere die tiefe soziale Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft eine wesentliche Ursache für Polarisierung, Spannungen und Gewalt ist. Es war gerade Donald Trump, der diese Spaltung in Arm und Reich in seiner Amtszeit weiter forciert und seine Politik auf Kosten der ‚Verlierer*innen‘ in der Bevölkerung gemacht hat. Der Umgang mit der Corona-Pandemie, unter der vor allem wirtschaftlich Schwächere zu leiden haben, ist nur das jüngste, aber sicher eines der gravierendsten Beispiele. Ein Kurswechsel Trumps ist allerdings kaum zu erwarten – eher eine Verschärfung der bisherigen Politik.“
Auch auf internationaler Ebene sei ein Kurswechsel Washingtons unumgänglich. „Dazu gehört in erster Linie, multilaterale Vereinbarungen einzuhalten. Die Liste von Verträgen und Mitgliedschaften, die von Trump gekündigt wurden, ist lang: die seit heute tatsächliche Verlassung der Pariser Klimavereinbarung, der INF-Abrüstungsvertrag, das Iran-Abkommen, der Sitz in der Weltgesundheitsorganisation und in der Unesco, ... Nicht zuletzt geht es um eine faire und nachhaltige Handelspolitik. Strafzölle und Handelsgespräche „mit dem Revolver an der Schläfe“ müssen vorbei sein. Das bedeutet ganz praktisch: Keine Handelskonflikte anzetteln – weder mit China noch mit der EU – und Handelspolitik nicht als Mittel der politischen Erpressung nutzen, Nachhaltigkeit, Menschen- und Arbeitsrechte als Grundpfeiler in allen Abkommen festschreiben. Und die Welthandelsorganisation WTO als zentrales Gremium der Streitschlichtung akzeptieren.“
Helmut Scholz abschließend: „Es kommt nun darauf an, die letztendliche Wahlentscheidung überlegt abzuwarten. Keinesfalls darf es zu Gewalt kommen. Die Demokratie in den USA wäre damit dauerhaft beschädigt.“