Helmut Scholz: Zu kurz gesprungen
05.08.2010
Die Afghanistan-Konferenz in Kabul hat das Ziel des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai gebilligt, die Verantwortung für die Sicherheit im Land bis 2014 schrittweise an die nationalen Behörden zu übertragen. Zudem sollen künftig 50 Prozent der internationalen Finanzhilfen von der Regierung in Kabul kontrolliert werden. Konkrete Abzugstermine sowie ein Ende des Kriegseinsatzes am Hindukusch wurden jedoch nicht vereinbart, kritisiert Helmut Scholz (MdEP/LINKE):
Helmut Scholz: Zu kurz gesprungen
Die Afghanistan-Konferenz in Kabul hat das Ziel des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai gebilligt, die Verantwortung für die Sicherheit im Land bis 2014 schrittweise an die nationalen Behörden zu übertragen. Zudem sollen künftig 50 Prozent der internationalen Finanzhilfen von der Regierung in Kabul kontrolliert werden. Konkrete Abzugstermine sowie ein Ende des Kriegseinsatzes am Hindukusch wurden jedoch nicht vereinbart, kritisiert Helmut Scholz (MdEP/LINKE):
Die internationale Afghanistan-Konferenz am Dienstag in Kabul ist einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung der Konflikte am Hindukusch schuldig geblieben. Statt die gescheiterte militärische Strategie der "Befriedung" endlich und endgültig ad acta zu legen, konkrete Abzugstermine für die Besatzungstruppen zu vereinbaren, der afghanischen Regierung die volle politische und territoriale Souveränität zu übertragen, dem Land Mittel und Unterstützung zur Lösung der innenpolitischen Probleme sowie für die Realisierung des "Aussteigerprogramms" für Taliban-Kämpfer an die Hand zu geben, blieb es abermals vor allem bei Symbolik, unverbindlichen Versprechungen und Brosamen. Die angekündigten Maßnahmen sind kleine Schritte in die richtige Richtung, aber weder der auch von Afghanistans Regierung erwartete große Sprung noch die von Kabul angemahnte "gleichberechtigte Partnerschaft". Ebenso stehen Lösungen zur deutlichen Verbesserung der dramatischen wirtschaftlichen und sozialen Situation aus. Gerade auf diesem Gebiet sind Initiativen dringend erforderlich, um einen dauerhaften Ausstieg aus der Drogenwirtschaft zu erreichen und eine wesentliche Ursache von Gewalt und Terror zu beseitigen. Keine Konzepte gab es zudem zur Überwindung der grassierenden und bis in die Regierung reichenden Korruption in Afghanistan.
Wie nötig eine nachhaltige Änderung des Kurses gegenüber Afghanistan ist, zeigte sich zu Wochenbeginn selbst an den Äußerungen hochrangiger westlicher Politiker. Während NATO-Generalsekretär Rasmussen einräumte, das "Ausmaß der Herausforderung" unterschätzt zu haben, hielt es US-Vizepräsident Biden für "verfrüht", die "neue" Strategie der Allianz - die nichts anderes als die Fortsetzung des bisherigen mit mehr Soldaten ist - zu bewerten. Ein Ende des Militäreinsatzes schlossen die Politiker aus, der Truppenabzug werde von den herrschenden Bedingungen abhängig gemacht. Dass die Leidtragenden des fortgesetzten "Anti-Terror-Kampfs" am Hindukusch in erster Linie Zivilisten, Kinder und Frauen sein werden, braucht nach neun Jahren Krieg nicht betont zu werden.