Am heutigen Dienstag hat der Handelsausschuss (INTA) des Europäischen Parlaments das Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada (CETA) mit 25 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung gebilligt. Dazu kommentiert Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Linksfraktion GUE/NGL: »Die Hoffnung sehr vieler Bürgerinnen und Bürger in den 28 Mitgliedstaaten unserer Europäischen Union liegt nun auf dem Plenum des Europaparlaments. Dort wird in drei Wochen von den direkt gewählten Europaabgeordneten in namentlicher Abstimmung endgültig über CETA und die vorläufige Anwendung entschieden werden.«
Eine Mehrheit aus Konservativen, Liberalen und Teilen der Sozialdemokratie hat sich heute im Handelsausschuss für das Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada entschieden. Die Abgeordneten hatten sich im Ratifizierungsverfahren deutlich weniger zeitintensiv mit den kritischen Aspekten von CETA befasst, als zum Beispiel das Parlament der Wallonie mit über 60 Stunden Prüfung der einzelnen Kapitel.
»Offensichtlich sind Scheuklappen bei einer Mehrheit Mitte-Rechts im Handelsausschuss der Europäischen Parlaments weit verbreitet.«, bedauert Scholz. »Wenn eine deutliche Mehrheit der Ausschussmitglieder ihr Ja zu CETA gibt, fragt man sich, was sie von den Protesten in den vergangenen Monaten wahrgenommen haben: Die Zehntausenden in Europa, Kanada und den USA auf der Straße, die gegen »Freihandelsabkommen« demonstrieren - nichts gesehen. Die Analysen von Wissenschaftlern zu CETA & Co., die negative Folgen prognostizieren - ignoriert. Die Kritik von Mitgliedsstaaten, Regionen, ja selbst aus der Wirtschaft - nichts gehört. Das Prozedere von Geheimverhandlungen und das Kesseltreiben gegen »widerspenstige« Parlamente der regionalen Ebene - alles zum Wohle derer, die es halt nicht besser wissen.«
Seriöse Schätzungen besagen, dass in der EU durch CETA durch das Festhalten an der Logik der Liberalisierung der Märkte über 200.000 Arbeitsplätze verloren gehen könnten, mit gravierenden Folgen insbesondere für Langzeitarbeitslose. CETA würde keineswegs den versprochen großen Wirtschaftsschub bringen, sondern nach sieben Jahren Laufzeit das Bruttosozialprodukt der EU lediglich um 0,03 Prozent erhöhen. Das Einkommensgefälle zwischen Fachkräften und ungelernten Arbeitskräften wird zunehmen. Dementsprechend hat sich der Beschäftigungsausschuss des Europaparlaments in seiner Stellungnahme gegen CETA ausgesprochen.
Die regulatorische Zusammenarbeit, mit der Konzerninteressen Eingang in Gesetzgebungsprozesse finden, gibt es nicht nur bei TTIP, sondern in abgewandelter Form auch bei CETA. Die ebenfalls vom derzeit verhandelten EU-USA-Abkommen bekannte Staat-Streitschlichtung (ISDS) kommt bei CETA im modifizierten Gewand des »Investment Court System« ICS daher, macht das Sonderklagerecht für Konzerne aber keinen Deut besser. Das hat den Umweltausschuss des Parlaments bewogen, sich gegen CETA auszusprechen. Eine Mehrheit im Handelsausschuss ignorierte nun jedoch die beiden Stellungnahmen und zog durch.
Scholz hofft nun auf ein Kippen der Mehrheiten im Plenum des Parlaments, das Mitte Februar in Strasbourg über CETA entscheiden wird. »Mehr als 2.000 Städte, Kommunen und Regionen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich bereits zu TTIP- und CETA- freien Zonen erklärt. In Belgien war der Druck der frankophonen, der deutschsprachigen und der Brüsseler Bevölkerungsvertretung so groß, dass das Land formal notifiziert hat, CETA nicht zu ratifizieren, wenn es weiter ein Kapitel zu Investorenschutzgerichten enthält. Das sind die Fakten, die auch im INTA bekannt sein sollten. Das Votum der Mehrheit Mitte-Rechts im Handelsausschuss ist eine Missachtung der europäischen Öffentlichkeit, die sich in beindruckenden Demonstrationen zu Wort gemeldet hatte. Mit verantwortungsvollem Handeln - im wahrsten Sinne des Wortes - hat das nichts zu tun. Ich hoffe, die Bürgerinnen und Bürger wenden sich nun direkt an ihre Abgeordneten, um eine Ablehnung von CETA durch das Plenum zu erwirken.«
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