Konfliktlösung für Millionen Uiguren in China - Dialog statt Verurteilung
15.07.2009
Helmut Scholz, MdEP, Mitglied des Parteivorstands der LINKEN und Vorstandsmitglied der Partei der Europäischen Linken erklärt zum Konflikt in der chinesischen Provinz Xinjiang-Uigur: Wir bedauern die blutigen Zusammenstöße zwischen Uiguren und Han-Chinesen, die Toten und Verwundeten im Konflikt in der Provinz Xinjiang-Uigur. Auch das unseres Erachtens unverhältnismäßige Vorgehen der chinesischen Polizei- und Sicherheitskräfte ist den eigenen Zielen der chinesischen Regierung nach wirtschaftlichem Wachstum und Stabilität nicht förderlich. Zugleich ist es falsch, die chinesische Minderheitenpolitik als „kulturellen Völkermord“ einzustufen.
Wir wenden uns gegen vorschnelle und einseitige Schuldzuweisung an die Zentralregierung. Vielmehr geht es hier um Schnittlinien mehrerer, sehr komplexer Probleme, die im Grund ein explosives Bündel ergaben. Je nach politischem Standpunkt wird oft jeweils nur eines betont.
Damit werden Schritte übersehen, die Chinas Zentralregierung unternommen hat, um die Balance zwischen Autonomie und Modernisierung in einem Vielvölkerstaat zu bewältigen. Wir täten gut daran, Chinas rechtsstaatliche und demokratische Entwicklung partnerschaftlich zu unterstützen - ohne dabei die historischen, geographischen und kulturellen Besonderheiten außer Acht zu lassen. Einseitige Belehrungen ersticken jeden Menschenrechtsdialog. Ritualisierte Verurteilungen einer verbesserungswürdigen Garantie der Menschenrechte sind kein Ersatz für Politik.
China ist für Europa ein wichtiger Partner - neben den USA und Russland. Die Überwindung der weltweit spürbaren Wirtschafts- und Finanzkrise, die Bekämpfung von Armut und die Bewältigung des Klimawandels, die Schaffung einer konfliktfreien Energiesicherheit ebenso wie die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasserversorgung- und Abwasserentsorgung sind ohne die Anstrengungen der VR China nicht zu bewältigen.
Wir sollten uns vergegenwärtigen, dass in China über 400 Millionen Menschen in den vergangenen Jahrzehnten aus bitterster Armut befreit wurden. Dabei wurde mit Investitionen und Fachkräften die Region der Uiguren sichtbar modernisiert. Als Minderheit genießen die Uiguren auch Privilegien z.B. bei der Ein-Kind-Politik oder bei der Hochschulaufnahme gegenüber der Mehrheit der Han-Chinesen. Separatistische Spannungen, in der sicherheitspolitisch sensiblen Region der Uirguren werden seit Jahren auch von außen unterstützt. Die acht Millionen Uiguren muslimischen Glaubens leben in unmittelbarer Nachbarschaft der vom Krieg zerrütteten Staaten Pakistan und Afghanistan und grenzen an Kasachstan, Kirgisien und Tadhiskistan. Doch nicht alle Uiguren träumen von einem unabhängigen Ostturkistan. Die Mehrzahl der Uiguren ist bestürzt über das, was in den letzten Wochen passiert ist, und möchte vor allem in Frieden leben.
Ich gehe davon aus. dass auch die chinesische Regierung weiß, dass dieser Konflikt auf Dauer nicht mit Gewalt zu lösen ist, sondern damit nur eine Radikalisierung auf beiden Seiten voranschreitet. Unsere Aufgabe sollte es sein, die intensive, demokratische Debatte und einen angstfreien Dialog zwischen den Han-Chinesen und der uigurischen bzw. den anderen Minderheiten zu unterstützen.
Die Entwicklung und Vertiefung des begonnenen institutionalisierten Dialogs mit China auch zu Fragen der Minderheitenpolitik könnte eine wichtige Aufgabe für das Europaparlament sein.