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Helmut Scholz, MdEP
Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 69, 09. September 2022
Liebe Leser*innen,

zugegeben: Angesichts der bevorstehenden Wochenend-Aktivitäten bin ich etwas - gerade aus Brüssel in Paris eingetroffen - in meinen Gefühlen hin und her gerissen. Einerseits sehe ich mit großen Erwartungen den Treffen und Begegnungen, die ich am Rande des diesjährigen Festes der französischen Linkszeitung L'Humanité in Paris haben werde entgegen. 30 Jahre nimmt DIE LINKE. und vormals die PDS nun traditionell an diesem Volksfest Teil. Und ich hatte in der Vergangenheit schon viele schöne, auch persönlich bewegende Momente unter den Hautertausenden. Ja, die "Fête" ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Volksfest, wegen des bunten Programms, wegen der vielen progressiven Menschen, die oft mit ihren ganzen Familien nach La Courneuve bei Paris kommen, wegen der Debatten über aktuelle Themen, die "den kleinen Leuten" auf den Nägeln brennen. Und so werden wir natürlich über den Ukrainekrieg reden, über die dramatische soziale  Situation  vieler Menschen angesichts der Energiekrise, über die Pandemie  und ihre Folgen, über den Klimawandel und das notwendige Gegensteuern, über die Situation von zur Flucht aus Ihrer Heimat gezwungenen Menschen und wie eine solidarische Gesellschaft zu sichern ist, die für alle Gerechtigkeit schafft, aber auch über Urheberrechte, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz…, eigentlich werden an den Ständen und in Debattenzelten in den verschiedensten Sprachen alle Themen zur Sprache kommen, die uns so tagaus, tagein bewegen. Ein Volksfest zum Reden, Musik machen, Tanzen, Essen und auch Rotwein wird an den Ständen angeboten. Und linke und demokratische Parteien und Verbände, ökologische und soziale Bewegungen, Künstler*innen aus allen Kontinenten sind auch immer da. DIE LINKE hat da neben Info-Material traditionell auch Thüringer Rostbratwurst, Spreewaldgurken und Berliner Bier dabei.

Natürlich wird es auch um Chile gehen, wo am vergangenen Wochenende die neue Verfassung zur Abstimmung stand. Über 86% Wahlbeteiligung. Und das war auch der Grund, weshalb ich doch etwas bedrückt in die Woche gehe. Ich hatte im letzten Newsletter ausführlich meine Position zu der neuen Verfassung dargelegt, die endgültig mit der Pinochet-Diktatur bricht und viele progressive Elemente enthält. Und ebenso habe ich über die vielen Angriffe auf dieses fortschrittliche Projekt berichtet, die leider erfolgreich waren und zu einer deutlichen Ablehnung des Vorhabens führten. Und sicherlich gibt es jetzt viel zu tun, auszuloten, warum und welche der Punkte sind strittig gewesen. Denn der Auftrag aus dem vorangegangenen Referendum bleibt ja bestehen: es muss eine neue Verfassung erarbeitet werden, denn ein Zurück zu der alten geht nicht.  Deshalb ist es wohl wahr, den Kopf in den Sand zu stecken nützt nichts, der Kampf für eine bessere Verfassung in Chile wird weitergehen. Und die Entschlossenheit des Präsidenten und der neuen Regierung - in Zusammenarbeit mit allen politischen Parteien, ob nun in Regierung oder in Opposition, mit den indigenen Völkern, mit Wirtschaftsakteur*innen und den Vertreter*innen der Zivilgesellschaft ist ermunternd.  Ich bleibe in dieser Hinsicht optimistisch.

Wenig optimistisch bin ich dagegen, dass sich unter der neuen britischen Regierungschefin Liz Truss die Beziehungen zwischen EU und Vereinigtem Königreich normalisieren werden. Eher habe ich den Eindruck, dass die neue Premierministerin den Kurs ihres Vorgängers Boris Johnson, die Vereinbarungen mit der EU zu unterhöhlen, fortsetzen wird. Vor allem, was das Nordirland-Protokoll anbelangt, mit dem die komplizierten Zollregelungen nach dem Ausscheiden des Königreichs aus der EU fixiert wurden. Dahinter steht natürlich das Anliegen, neue Grenzen auf der inzwischen zusammengewachsenen irischen Insel zu verhindern. Denn auch knapp 25 Jahre nach dem Karfreitagsabkommen ist der Frieden noch immer fragil. In der nächsten Woche läuft die Frist für die Reaktion Großbritanniens auf rechtliche Schritte der EU zur Umsetzung der Brexit-Handelsregeln aus. Und die Reaktion der neuen Regierung in London wird aufschlussreich sein.

Sicherlich werden wir davon in Strasbourg erfahren. Denn dort kommen wir nach der Sommerpause zur ersten Plenarsitzung zusammen. Medial bedeutsam wird die Rede der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Lage der EU sein. Man braucht kein Prophet zu sein um vorauszusehen, dass neben den vielen großen "Baustellen" der EU wie Pandemie, Migration, Klimawandel nun mit dem Ukrainekrieg und der damit verknüpften Energiekrise ein weiteres massives Problem vor der Gemeinschaft steht. Aber dazu unten mehr und eine Nachbetrachtung zur Rede Ursula von der Leyens werde ich Ihnen vielleicht in meinem nächsten Newsletter ausführlicher darstellen - ebenso übrigens werde ich dann über meine bevorstehende Reise nach Australien und Neuseeland mit dem Ausschuss für Internationalen Handel berichten.

 

Ihr

Helmut Scholz

12. September: EU-Waldschutzgesetz - Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen beenden

Im Jahr 2020 haben 1.2 Millionen Europäer*innen ein EU-Gesetz gefordert, welches die Lieferketten entwaldungsfrei halten soll und somit die Wälder in allen Teilen der Welt schützt. Denn auf Grund unserer auf Wachstum ausgerichteten Produktions- und Lebensweise werden weltweit immer mehr Wälder abgeholzt. So beispielsweise der brasilianische Regenwald am Amazonas, wo in diesem Jahr noch mehr Wald abgholzt wurde als in allen Jahren zuvor. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres waren es laut des staatlichen Klimainstituts INPE bereits 2867 Quadratkilometer, rund 13% mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Unter anderem für Tierhaltung und Anbau von Soja, das als Futtermittel für Tiere herhalten muss, wird die grüne Lunge der Welt und der Lebensraum indigener Bevölkerungen zerstört.

Die EU hat 16% der Abholzung der Tropenwälder weltweit zu verantworten. Auf Grund von internationalem Handel, der auf Produkte wie Rundfleisch, Soja, Mais, Holz, Kaffee oder Palmöl ausgerichtet ist.

Mit unseren Lieferketten befeuern wir also die massive Abholzung weltweit genauso wie die Klimakatastrophe, die die Wälder zunehmend unter Druck setzt: der aktuelle Bericht der Europäischen Dürrebeobachtungsstelle stellt fest, dass für 46% der EU eine Dürre-Warnstufe und für 11% eine Dürre-Alarmstufe gilt. In diesem Sommer brannten wieder tausende von Hektar Wald nieder, in Spanien, Portugal, Frankreich, Deutschland,... 

Die Abgeordneten des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlaments sprechen sich nun für ein strengeres EU-Gesetz zur Entwaldung aus. Darüber werden wir am Montag Abend ab ca 17 Uhr debattieren und am Dienstag erfolgt die Abstimmung. Ich hoffe auf ein klares Signal aller Abgeordneten für den Schutz der Wälder, also eine Abkehr von Produkten, die Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen mit sich bringen.

Die Debatte am Montag ab 17 Uhr und die Abstimmung am Dienstag können live verfolgt werden.

13. September: Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin hält ihre Europarede

In dieser Legislatur gibt es im Europaparlament die Debattenreihe „Was Europa ausmacht“. Jeden Monat bekommt ein Regierungsoberhaupt die Gelegenheit, die eigene europapolitische Vision zu präsentieren. Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin spricht im Plenum in einer Zeit, in der ihre Bevölkerung sich für einen NATO-Beitritt ausgesprochen hat und auch verstärkt die Nähe zu den anderen Mitgliedstaaten unserer Europäischen Union sucht. Ich nehme zur Kenntnis, dass das Handeln Russlands im Nachbarstaat Finnland, jahrzehntelang verlässlicher Neutralitätsanker und Vermittler in den großen Konfrontationen, gerade aus Kenntnis der historischen Fakten, ein neuartiges Bedrohungsgefühl geschaffen hat. 1994 stimmten 56 Prozent der Finnischen Bevölkerung im Referendum für den EU-Beitritt. In diesem Frühjahr hatten laut der regelmäßigen Umfrage für das Europaparlament nur noch 11 Prozent der finnischen Bevölkerung eine eher negative Meinung von der EU. Und eine klare Mehrheit unterstützt, wie gesagt, den NATO-Beitritt des Landes. Da sich Ministerpräsidentin Marin nun geweigert hat, die abgelehnten Auslieferungsanträge der Türkei „erneut zu prüfen“, mit denen Erdogan an flüchtige Oppositionelle herankommen will, bleibt abzuwarten, ob die Türkei den finnischen NATO-Beitritt irgendwann ratifizieren wird. Auch hierzu war die Meinung der finnischen Bevölkerung eindeutig in der Ablehnung dieser inakzeptablen Erpressung durch Erdogan.

Die Debatte können Sie von 10:30 Uhr - 11:50 Uhr live in der EU-Sprache Ihrer Wahl mitverfolgen.

13. September: Debatte zur neuen EU-Richtlinie für angemessene Mindestlöhne in Europa

Die Einführung von Mindestlöhnen in allen Mitgliedstaaten in der Europäischen Union, die ein Leben in Würde ermöglichen, gehörte zu den wichtigen Forderungen der Linken in den Europawahlkämpfen der letzten 20 Jahre. Nun haben wir es geschafft! Die EU-Kommission hat hierzu in dieser Legislatur endlich einen Vorschlag für ein europäisches Rahmengesetz vorgelegt. Als Ko-Gesetzgeber hat das Europaparlament seine Änderungswünsche an dem Gesetzentwurf formuliert. Ziel ist es, 20 Millionen Menschen durch angemessene Löhne endlich aus der Armut befreien zu können.

 

Die Debatte können Sie von 13:00 Uhr - 15:00 Uhr live in der EU-Sprache Ihrer Wahl mitverfolgen.

13. September: Die außenpolitische Debatte

Thema der aktuellen Stunde mit EU-Außenminister Josep Borrell ist die Lage des Krieges in der Ukraine. Bei diesem Format haben alle Abgeordneten im Saal die Möglichkeit, sich zu Wort zu melden. Auch ich beabsichtige, mich in die Debatte einzubringen. Leider besteht erneut die Notwendigkeit einer Klarstellung, was unsere politische Position als Linke ist. Der Begriff Krieg bezeichnet, was die Menschen in der Ukraine täglich erleiden müssen. Der von Putin befohlenen Aggression sind bereits Zehntausende Menschen mit und ohne Uniform auf beiden Seiten zum Opfer gefallen. Unvergessen sind auch die etwa 14.000 Opfer, die der Donbass-Konflikt auf beiden Seiten zwischen 2014 und 2022 betrauern ließ. Vor diesem Hintergrund ist es geradezu zynisch, durch die Verwendung der Bezeichnung „Wirtschaftskrieg“ für die Sanktionen der EU, der USA, Japans und Südkoreas eine Vergleichbarkeit von wirtschaftlichen Maßnahmen mit den Befehlen zum Töten anzudeuten. Leider höre ich das nicht nur von der AfD, sondern auch von einzelnen Stimmen aus meiner Partei, von denen ich mich in aller Klarheit distanzieren möchte. 

Die Debatte können Sie ab 15:00 Uhr live in der EU-Sprache Ihrer Wahl mitverfolgen.

14. September: Kommissionspräsidentin von der Leyen spricht im Plenum zur ‚Lage der Union‘

Jedes Jahr im September hält die Präsidentin der Europäischen Kommission die Rede zur Lage der Union“, ein Pendant zur jährlichen State-of-the-Union Rede des US-amerikanischen Präsidenten. Ursula von der Leyen nutzte diese Momente bislang zum einen, um ihre ganz großen Linien aufzuzeichnen, zum anderen aber auch, wesentliche Gesetzesvorhaben der von ihr geführten EU-Kommission anzukündigen. Dabei zeigte sie auch eine höhere Bereitschaft als ihre Vorgänger, Forderungen und Denkanstöße aus dem Europaparlament anzunehmen.

Gestartet war sie im Einklang mit Stellvertreter und Wahlkontrahenten Franz Timmermans mit der Verkündung des „Green Deal“, des Aufbruchs der Europäischen Union in die ökologische Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft für den Klimaschutz und den Erhalt der Artenvielfalt. Zudem versprach sie eine „geopolitische EU-Kommission“, die sich international für die Durchsetzung europäischer Werte und Interessen einsetzen wolle.

Zunächst ereilte sie dann das Ereignis der COVID-19 Pandemie, deren Bekämpfung enorme personelle und finanzielle Ressourcen verbrauchte. Und die die vielen Unterlassungen in Politik und Wirtschaft, v. a. geschuldet der Austeritätspolitik und nationaler Egoismen, quer durch die EU brutal offenlegte.  Auch für die europäischen Institutionen musste dafür der Arbeitsalltag komplett umorganisiert werden. Mit dem Vorsatz, die Krise zu nutzen, um die Politik der EU neu aufzustellen, real verbesserte und nachhaltigere gemeinschaftliche Regelungen für das Meistern der ja noch andauernden Pandemie und wirtschaftliche und gerade auch gesundheitspolitische Widerstandskraft zu schaffen, gelang der Kommission noch eine gewisse Versöhnung mit ihrer Green Deal Politik. Tatsächlich gab es einen Zeitgeist, der plötzlich die öffentliche Daseinsvorsorge wieder sehr wichtig fand und quer durch die Fraktionen eine hohe Bereitschaft, sich für Gesundheit und Nachhaltigkeit und Solidarität mit den durch die Krise am schwersten Getroffenen einzusetzen. Irgendwie wollten plötzlich alle etwas mehr gemeinnützig sein. Vielleicht auch, weil plötzlich die Zusammenhänge des Agierens der Unternehmen, der Politik, die komplexen Abhängigkeiten im Kleinen wie im Großen, im  globalen Kontext und deren Rückwirkungen für jede und jeden so offensichtlich wurden. Vielleicht auch, weil die Verletzlichkeit unserer Gesellschaft durch die Art und Weise unserer Lebensweise Unsicherheiten schuf, Klimawandel und die daraus erwachsende Notwendigkeit eines radikal sozial-ökologischen Umbaus gesellschaftlich erwartet wird und so entschiedenes Handeln der politisch Verantwortlichen erzwang. Dieses Momentum wurde am 24. Februar durch Putin zerschossen.

Die diesjährige Rede zur Lage der Union wird die erste sein, die Ursula von der Leyen nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, dem Überfall eines Landes in Europa gegen ein anderes Land in Europa hält. Dieses Ereignis macht sie zur Getriebenen, wie viele andere Regierungen in der Welt auch. Die Koordinaten haben sich verschoben, politisch, wirtschaftlich und auch militärisch. Kein Wort mehr von der Notwendigkeit, Schwerter zu Pflugscharen zu machen, um das Geld, die Ressourcen, die gesellschaftliche Kraft zur Lösung viel größerer, alle Menschen bedrohenden Probleme zu nutzen, anstatt diese auf dem Schlachtfeld zu vergeuden. Putins Krieg gießt Wasser auf die Mühlen der Kräfte, die Geld in Rüstung stecken wollen und die Investitionen in Kindergärten, Krankenpflege, Bildung und Umweltschutz schon immer für linksgrüne Verschwendungssucht hielten. Nicht nur aus der EVP-Fraktion kommen wieder verstärkt Stimmen, die möglichst schnell möglichst viele Freihandelsabkommen abschließen wollen, egal mit welchem Kerbholz die Regierung daherkommt und auch gern unter Verzicht auf den Katalog an vorsorglichen Vereinbarungen in den Nachhaltigkeitskapiteln. Business Europe fordert angesichts des weitergehenden globalen Wettbewerbs den schnellen und gesicherten Zugriff auf Rohstoffe und Öl, Gas und Kohle für europäische Unternehmen. Denn dieser Krieg in Europa wird von allen Akteur*innen auch für den Umbau der Weltwirtschaft genutzt, um weiter die Schalterknöpfe bedienen zu können. Und dann sind selbst die fossilen Brennstoffe plötzlich wieder hoffähig, egal was dies für unsere Kinder und Enkel und hoffentlich auch noch nachfolgende Generationen bedeuten mag.

Wie Kaninchen vor der Schlange akzeptieren Entscheidungsträger*innen von Grün bis Schwarz die Wucherpreise für Energie als „Marktentwicklung“, als eine „logische Folge von Angebot und Nachfrage“. Ich befürchte, dass auch Präsidentin von der Leyen in diese Richtung argumentieren wird, wenn sie den neuen Plan der Kommission für einen Energiepreisdeckel in ihrer Rede vorstellen wird. Der Deckel soll auf einem ausgesprochen hohen Niveau liegen und zuallererst die Produzent*innen aus erneuerbaren Energiequellen treffen. Alle bisherigen Verlautbarungen weisen auf die Akzeptanz und das Beibehalten einer Koppelung an die Preispolitik der Ölmultis hin, leider. Zudem müssen wir bedenken, dass sich der vorgeschlagene Gaspreisdeckel an den Preisen orientiert, die man derzeit in Asien bereit ist zu zahlen, plus einer gewissen Marge, um das reiche Europa als Kunden attraktiv zu halten. Was bedeutet das für den Rest der Welt? Wie lang kann eine Regierung wie die von Kenia es sich noch leisten, die Preise an den Tankstellen mit großen Mitteln subventioniert niedrig zu halten, um Volksunruhen zu vermeiden? Schauen wir nach Sri Lanka, wenn sie wissen wollen, wovon ich hier rede.

Europa braucht den Mut, den gesamten Energiemarkt neu zu regeln - und warum denn nicht konsequent EU-weit und gemeinschaftlich eine wirkliche Energie-Union zu schaffen. Dazu gehört sicherlich auch der wichtige und sehr schnell machbarste Schritt, endlich proaktiv gegen Spekulation vorzugehen. Das galt und gilt auch vor dem 24. Februar, denn die Preise im Energiesektor und im Agrarbereich steigen bereits seit Herbst 2021 rasant an. Auch dies ist Teil der Vorgeschichte des russischen Angriffskrieges. Es gibt dafür keine objektive Begründung, sondern es handelt sich schlicht um eine Ausplünderung des Marktes durch Kartelle. Die Gesellschaft muss das unterbinden. Das wäre eine Ankündigung von Präsidentin von der Leyen im Sinne des „whatever it takes“ von Mario Dragi gegen die Spekulation gegen den Euro 2008, die auch heute wieder Wirkung zeigen könnte.

Solche heute für jeden Menschen in der EU sprichwörtlich existentiellen „politischen Inhalte“, die die Kommission im kommenden Jahr zu bewältigen hat, stehen quasi logischerweise mit vielen anderen grundsätzlichen Anliegen und Aufgaben für die  EU auf der Agenda: Seitdem die Plenarversammlung der Europäischen Zukunftskonferenz ihre 49 Empfehlungen für einen europäischen Politikwechsel vorgelegt hat, der die EU handlungsattraktiv machen soll und die dringlichst in Angriff genommen werden müssen - vieles davon kennen Sie aus meinen Newslettern der vergangenen Monate - stehen sich aber Rat, Parlament und Kommission hinsichtlich der nunmehrigen Umsetzung der Konsequenzen aus der Zukunftskonferenz uneinig gegenüber. Das Parlament hat sich für einen Konvent ausgesprochen, um dort in breiter demokratischer Verfasstheit die Verbindung von Politikveränderung und institutionellen Reformen zu debattieren und neu aufzusetzen, wozu auch die geltenden konstituierenden Europäischen Verträge geöffnet werden müssen. Im EU-Rat gibt es dafür bislang kein grünes Licht. Eher sehe ich überall Stoppzeichen.

Die Kommission hat sich bislang eher lavierend gerne mit einer moderierenden Rolle arrangiert. Sie hat aber die Pflicht, viel deutlicher als bisher konkrete Vorschläge für die Umsetzung der Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Zukunftskonferenz vorzulegen, mess- und anrechenbar. Nicht zuletzt gerade dies hatte die Kommissionspräsidentin am 09. Mai 2022 den Teilnehmer*innen der Zukunftskonferenz und damit allen Bürger*innen zugesagt. Es gilt also genau zuzuhören, was Ursula von der Leyen in ihrer bislang wohl wichtigsten Rede zur Lage der EU uns sagen wird. Es geht um Frieden zwischen den Staaten, in den Gesellschaften und die Generalmobilmachung für den Kampf um eine nachhaltige, solidarische Welt. Die Linksfraktion THE LEFT ist bereit sich in diesen Kampf einzubringen. Ein soziales, demokratisches und nachhaltiges Europa braucht uns.

Die Rede zur Lage der Union können Sie ab 09:00 Uhr live in der EU-Sprache Ihrer Wahl mitverfolgen.

14. September: Menschenrechtsverletzungen in Uganda und Tansania im Zusammenhang mit Ausbeutung fossiler Brennstoffvorkommen durch den europäischen Konzern Total

Als Berichterstatter zu den Handelsbeziehungen zwischen der EU und Afrika ist es mir wichtig, in dieser Debatte das Wort zu ergreifen. In meinem Bericht hatte das Europaparlament erst vor der Sommerpause mit großer Mehrheit gefordert, dass es ein Umdenken in den Wirtschaftsbeziehungen geben muss. Die Kolonialzeit und die mit ihr verbundene hemmungslose Ausbeutung der Rohstoffe in Afrika durch europäische Unternehmen, ohne das die Bevölkerung vor Ort etwas Gutes davon hat, muss endlich beendet werden. Die Ölförderung durch Total in Uganda und der Transport durch eine Pipeline durch Tansania ans Meer ist ein unwürdiges Projekt des alten Stils, bei dem auf vielfältige Weise die Menschenrechte verletzt werden. Umwelt wird vernichtet, Menschen sterben bei Unfällen, Menschen werden zwangsumgesiedelt. Vom geförderten Öl bleibt nichts in der Region, sondern es wird komplett in Europa verkauft. Profiteure sind neben dem Total-Konzern auch einige lokale Eliten. Und die EU-Kommission muss hier aktiv werden, denn sie teilt in einer Stellungnahme zu meinem Parlamentsbericht unsere Sichten - verbal. Ich hoffe auf klare Worte des anwesenden Kommissars. Denn es darf so nicht weitergehen. Menschen vor Profite!

Die Debatte können Sie ab ca. 17:00 Uhr live in der EU-Sprache Ihrer Wahl mitverfolgen.

15. September: Debatte zu ‚Statut und Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen‘

Das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen” – ein spröde, bürokratisch und trocken-klingender, aber sehr spannender Gesetzgebungsbericht, der die bestehenden Regelungen weiter fasst und eine kritische Bestandsaufnahme vornimmt, Erfahrungen aus der bisherigen Praxis aufgreift und neue Rahmen setzt. Ich hatte im Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO) als sogenannter „Schatten-Berichterstatter“ mitgearbeitet. Am Donnerstag wird es dazu noch eine Aussprache geben, bevor die gesetzlichen Vorschläge dann im Plenum zur Abstimmung kommen.

Mit diesen Änderungen werden das Registrierungsverfahren und die Anforderungen für europäische politischen Parteien und Stiftungen, Fragen der innerparteilichen Demokratie, Transparenz, Haushaltsaspekte u.a. überarbeitet. Alles wichtige Aspekte, die das Agieren politischer Parteien EU-weit befördern und erleichtern sollen. Auch die Rechenschaftspflicht solcher Strukturen gegenüber den jeweiligen Gesellschaften soll stärker betont werden und kann so durchaus als Einladung an Menschen, sich parteipolitisch zu engagieren, Teilhabe an europapolitischen Weichenstellungen zu nehmen und sich auf der europäischen Ebene politisch zu engagieren, verstanden werden. Auch wird darüber entschieden, wie exakt diese Regeln durchgesetzt werden müssen, ohne in die politische Autonomie der Akteur*innen einzugreifen. Da der Text auf eine bessere Handlungsfähigkeit der Parteien und Stiftungen setzt, sollten alle Akteur*innen vor dem Hintergrund der sich anbahnenden Krisen ihre demokratische Verantwortung für das Nutzen dieses institutionellen Instruments für eine Stärkung der europäischer Demokratie und zur aktiven Teilhabe an der Ausgestaltung von EU-Politik wahrnehmen.

15. September: Debatte zur Umweltkatastrophe in der Oder

Ich werde diesmal extra länger in Strasbourg bleiben und mich nicht schon am frühen Nachmittag auf die 6-stündige Bahnfahrt nach Berlin auf den Weg machen können. Denn das Parlament hat eine Sonderdebatte zur Umweltkatastrophe in der Oder angesetzt, in der ich mich für Maßnahmen – europäische Hilfe für die von der Umweltkatastrophe an der Oder betroffenen Regionen in Brandenburg, Vorpommern und Polen – einsetzen werde. Von Frankfurt an der Oder bis zum Stettiner Haff brauchen Menschen, Natur und Betriebe europäische Solidarität, um die Schäden zu bewältigen. Es gilt aber auch über die Ursachen der Katastrophe zu sprechen, die gesamte wirtschaftlich-sozial-ökologische Situation, die Art und Weise wie wir mit unseren Flüssen umgehen - einschließlich der wirtschaftlichen Struktur-Vorhaben, vom LNG Terminal und geplanten Containerterminal in Swinouscsje, Straßen- und Tunnel-Ausbau in der Großregion Stettiner Haff über Oderausbaggerung und das Ostsee-Schwarzmeer-Projekt. Anzumahnen bleibt die gemeinsame, dringend notwendige Verbesserung der grenzüberschreitenden Kooperation der Behörden. Wer, wenn nicht wir Europaabgeordnete aus den beiden Nachbarländen.

Die Debatte können Sie ab 15:00 Uhr live in der EU-Sprache Ihrer Wahl mitverfolgen.

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