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Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 54, 15. April 2022
Liebe Leserin, lieber Leser,
dieser Newsletter erreicht Sie wegen des Osterfestes einen Tag früher als gewöhnlich. Vielleicht sind Sie gerade dabei, sich auf eine der zahlreichen Friedensaktionen an diesem Wochenende vorzubereiten. Wie ich bereits in der vergangenen Woche geschrieben habe: In diesem Jahr sind die Veranstaltungen, Aktivitäten vor Ort, und ja, auch Märsche, angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine, der Hochrüstungspläne in Deutschland und in vielen anderen westlichen Ländern und der tatsächlichen Verschiebung der Prioritäten im Kampf gegen Klimawandel und Verlust der Artenvielfalt als die sich uns allen stellende globale Frage Nr. 1 wichtiger denn je. Und deshalb an dieser Stelle noch einmal hervorgehoben, falls Sie es gerade nicht bei der Hand haben: Eine Übersicht über die verschiedenen Friedensaktivitäten finden Sie hier: https://www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2022 Frieden und Abrüstung, „die EU in der Welt“, also außenpolitische und -wirtschaftliche sowie sicherheits- und verteidigungspolitische Akzentsetzungen realen politischen Agierens – das sind auch zentrale Punkte in der großen EU-Zukunftskonferenz. Diese ist nun nach Plenarkonferenzen und Bürger*innen-Foren zum gesamten gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichem Themenspektrum, nach Hunderten Diskussionsrunden und Tausenden Beiträgen auf der interaktiven Webseite bereits in ihre Schlussphase eingetreten. Klar ist: Am 9. Mai, dem Europatag, wird die Zukunftskonferenz offiziell mit der Gemeinsamen Erklärung der Präsident*innen vom Europäischen Rat, Europäischen Parlament und von der EU-Kommission beendet. Unklar ist leider immer noch, in welchem Rahmen. Ich könnte mir gut vorstellen und habe deshalb im Leitungsgremium der Konferenz, dem Exekutiv-Komitee, dafür plädiert, dass zu der Zeremonie in Strasbourg sich eben nicht nur die Präsident*innen der drei EU-Institutionen und der französische Staatschef mit einigen Teilnehmer*innen der Plenarebene treffen, sondern vor allem beteiligte Bürger*innen, Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, der „Jugendparlamente“, von Gewerkschaften und Organisationen eingeladen werden. Also zumindest die 800 aktiven Teilnehmer*innen der jeweils vier Bürger*innen-Versammlungen, die vor einem Jahr die Arbeit aufgenommen hatten, und alle anderen Mitstreiter*innen der Plenar-Konferenz. Aber warum nicht auch die mit den meisten „Unterstützungs-Benennungen“ gewerteten Autor*innen von Vorschlägen, Positionen und Initiativen zur Zukunft der EU auf der Digitalen Plattform. Zugegeben, sicherlich sehr ambitioniert und vielleicht auch in der Kürze der Zeit nur schwer zu realisieren. Aber genau das würde die Breite der Zukunftskonferenz widerspiegeln und zugleich ein zwar symbolisches, aber doch nachdrückliches Bekenntnis sein, die zahlreichen Anregungen, Vorschläge und Forderungen der Menschen nicht in Schreibtischschubladen verschwinden zu lassen. Denn wie auch immer die Abschlusszeremonie aussehen wird – entscheidend ist der Folgeprozess. Und ich kann Ihnen bereits heute versichern, dass wir als Europäisches Parlament darauf drängen werden, die Schlussfolgerungen der Zukunftskonferenz in reale Politik umzusetzen und den sogenannten Artikel 48 der Lissaboner EU-Vertragswerks anrufen werden, diesen Folgeprozess in einem Konvent konkret und verbindlich aufzusetzen. Das ist nicht unumstritten, die Mehrheiten sowohl in Parlament als auch im Rat sind dafür politisch zu gewinnen. Und deshalb hoffe ich auch in den nächsten Wochen auf die Fortsetzung der so sich konstruktiv entwickelten Zusammenarbeit mit vielen NGO’s, Bürger*innenbewegungen, Akademiker*innen, den Gewerkschaften und dem EWSA, also gerade auch der organisierten Zivilgesellschaft, denn nur gemeinsam werden wir diesen Folgeprozess ergebnisoffen und im Interesse der Stärkung eines demokratischen, sozialen, solidarischen und friedlichen Europas voranbringen können. Ja, die zivilgesellschaftliche Dachorganisation vieler Verbände „Citizens take over Europe“ hat ihren Namen sehr treffend und, so meine ich, richtig gewählt. Also schon nächste Woche eine gute Gelegenheit, sich zu treffen und Abstimmungen für die weitere Arbeit vorzunehmen. Bereits in den nächsten zwei Wochen gehen die Beratungen zur Zukunftskonferenz weiter. Da stehen die Fixierungen der finalen Papiere mit den Empfehlungen und Schlussfolgerungen der Plenarkonferenz mit ihren neun Arbeitsgruppen auf der Tagesordnung, die dann noch vor dem 29.04. in sogenannten Clustern zusammengeführt werden. Und in diesem Arbeitsschritt dürfen keine wichtigen Positionen „unter den Tisch“ fallen. Und Transparenz ist allemal gefragt in dieser Konferenz-Schlussphase. Und es ist auch noch zu berücksichtigen, dass die Parlamentswoche wegen des Ostermontags etwas kürzer, allerdings nicht weniger arbeitsintensiv werden wird. So stehen gleich mehrere Verhandlungsrunden auch zu von mir als Parlamentsberichterstatter verantworteten parlamentarischen Positionierungen mit den sogenannten Schatten-Berichterstatter*innen auf der Tagesordnung; so im Handelsausschuss mein Bericht zu den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der EU und Afrika, oder im Verfassungsausschuss zu dessen Positionierung zur EU-Gesetzgebung über die „Agentur für die Bekämpfung von Geldwäschen und Terrorfinanzierung“. Darüber, wie zu anderen Themen der kommenden Tage, lesen Sie unten mehr. |
19. April: Monitoring Group des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments (INTA) zur Zusammenarbeit EU- China
Diese gemischte Ausschusswoche nach Ostern beginnt mit einem Treffen der Monitoring Group des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments (INTA) zur Zusammenarbeit EU- China. Diese nichtöffentliche Arbeitsmethode und -organisation des Ausschusses hatte ich hier bereits früher erklärt. Zur Erinnerung: alle bilateralen oder auch regionalen bzw. multilateralen Verhandlungen und Handelspartnerschaften werden im Ausschuss durch sogenannte Beobachtergruppe in der Verantwortung des*der jeweiligen Berichterstatter*in und assistiert von den Schattenberichterstatter*innen begleitet. Es wird in diesem Fall in der Ausschusssitzung einen Meinungsaustausch mit dem Botschafter der EU in China, Nicolas Chapius, und der Chefin der Handelspolitischen Abteilung in der EU-Delegation in China, Eva Valle Lagares, geben. Sicherlich eine schwergewichtige Veranstaltung. Denn es geht um die Gewichtung der bilateralen wirtschaftlichen Zusammenarbeit nach dem jüngsten EU-China Gipfel und um die hoch sensiblen Aspekte der gegenwärtigen Verfasstheit der internationalen Wertschöpfungs- und Lieferketten (nicht zuletzt im Lichte der russischen Invasion in der Ukraine und dem anhaltenden Krieg dort und den Sanktionspaketen gegenüber Russlands) sowie die Perspektive der wirtschaftlichen und handelspolitischen Beziehungen zwischen der EU und China. Die EU hatte ja 2019 das bilaterale Verhältnis von gegenseitiger Partnerschaft zu einem neuen Gefüge von „Partnerschaft, wirtschaftlichen Wettbewerber*innen und systemischer Rivalität“ umdefiniert und damit auch die Grundlagen für die perspektivische Zusammenarbeit neu beschrieben und klassifiziert. |
19. April: Umsetzung des Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EU-Südliches Afrika
Am Nachmittag wird es ein Treffen der Monitoring Group zum Stand der Umsetzung des Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EU-Südliches Afrika geben. Diese tritt nach dem 6. EU-Afrika Gipfeltreffen vom 17./18.Februar dieses Jahres zum ersten Mal in diesem Format zusammen. In Hinblick auf die auch in der kommenden Woche beginnenden Verhandlungen mit den Schattenberichterstatter*innen aus den anderen Fraktionen zu den von mir ihnen unterbreiteten 51 Kompromiss-Anträgen zu insgesamt 297 eingereichten Änderungsanträgen ist diese für mich hochaktuell und wichtig. Ständige Berichterstatterin für die Region des südlichen Afrika im Handelsausschuss ist Saskia Bricmont von den belgischen Grünen. Meine Änderungsanträge können hier eingesehen werden. Am späten Nachmittag und Abend folgen dann Gespräche mit der Europavertretung der deutschen Sozialversicherung, die die Spitzenorganisationen der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung bei der EU repräsentieren. Unter anderem wird es um einen gegenseitigen Informations- und Meinungsaustausch über die laufende Konferenz zur Zukunft der EU und sich daraus ergebende Schlussfolgerungen für die weitere europapolitische Aufstellung auch dieser Organisationen gehen. Im Anschluss folgt ein Treffen mit dem Botschafter Bangladeshs bei der EU zu handelspolitischen Fragen und vor allem zur Neufassung der Gesetzgebung zum EU-Handel-Präferenzsystem und des europäischen Lieferkettengesetzes, das auch in diesem Jahr noch beschlossen werden soll. |
20. April: Umsetzung von Arbeitsrechten
Diese Thematik wird dann auch auf der Tagesordnung der regulären Sitzung des Handelsausschusses des EP stehen. Wie wird der abgesteckte Fahrplan zur Umsetzung von Arbeitsrechten in Übereinstimmung mit den Normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in der Realität durchgesetzt? Immerhin ein wichtiger Eckpunkt für die konstruktive Anwendung und Weiterentwicklung von Nachhaltigkeitskapiteln bzw. -bestimmungen in der EU-Außenhandelspolitik. Wir als Parlamentarier*innen wollen und müssen wissen, was konkret in dem einen oder anderen spezifischen Punkt unternommen wird, damit es nicht bei gut klingenden Absichtserklärungen und Papieren bleibt, sondern Veränderungen real angegangen und erreicht werden. Mit den bitteren Erfahrungen der schwierigen Produktionsbedingungen gerade in der Textilindustrie in diesem von Klimawandel besonders bedrohten und von komplexen Lieferketten geprägtem Land wollen wir hier auch v.a. auf die Sorgfaltspflicht europäischer Unternehmen Einfluss nehmen. Ein weiterer spannender Tagesordnungspunkt sind die Berichte der EU-Kommission über den Stand der Realisierung des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich am Vorabend der ersten Tagung der Parlamentarischen Partnerschaftsversammlung EU-UK im Mai. Wie geht es weiter im bilateralen Verhältnis EU-UK? Die Ausschusssitzung kann wie immer live verfolgt werden. |
22. April: Earth Day
Und nicht zu vergessen: Am 22. April ist wieder Earth Day. Gerade angesichts des Krieges in der Ukraine noch einmal ein nachdenklich stimmender Anlass über unsere Verantwortung für unseren Planeten und unsere Mutter Erde und für die nach uns kommenden Generationen nicht nur ernsthaft nachzudenken, sondern politische Entscheidungen zu treffen und endlich zu handeln. Ich bin überzeugt: Friedens-, Umwelt-, Sozial- und Demokratiebewegungen gehören zusammen. Die Earth-Uhr tickt. Das hat uns der 3. Bericht des IPCC gerade noch einmal nachdrücklich nahegebracht. Dieses Jahr läuft der Earth Day in Deutschland unter dem Motto "Deine Kleider machen Leute. Nachhaltig, Bio & Fair steht Dir und der Erde besser". Wer mehr über die Hintergründe und Aktionen erfahren möchte, kann hier nachlesen: |
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Dieser Newsletter ist bereits die 54. Ausgabe. Gerne würde ich von Euch/Ihnen wissen, was ich ggfs. noch ausbauen, verbessern, anders machen sollte, damit mein wöchentlicher Ausblick auf die kommende Woche nicht an Spannung und Informationsgehalt verliert. Ich freue mich über eine rege Teilnahme an dieser kurzen Umfrage. Vielen Dank! |
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