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Helmut Scholz, MdEP
Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 51, 25. März 2022
Liebe Leserin, lieber Leser,

seit vier Wochen herrscht Krieg in der Ukraine. Und leider muss ich auch heute wieder konstatieren, dass kein Ende des Blutvergießens in Sicht ist. Noch vor Redaktionsschluss erreicht mich die fassungslos machende Meinung des russischen Außenministers Lawrow, der Westen habe Russland den „totalen hybriden Krieg“ erklärt. Ja, die Wahrheit stirbt als erstes in einem Krieg. Denn: Wer hat den Krieg begonnen? Und so bleibt leider auch wiederum zu konstatieren: Ebenso wenig wie ein Ende des sinnlosen Zerstörens der Ukraine ist ein Umdenken in der europäischen und globalen Sicherheitspolitik zu sehen. Wer wären dafür die Akteure, wie könnte das auf den Weg gebracht werden - jetzt und sofort? Denn in der Haushaltsdebatte des Bundestags feierten in dieser Woche die Ampelparteien ebenso wie die Union die nun eingeleitete Hochrüstung der Bundesrepublik, bei EU-, Nato- und G7-Gipfel dominierte die Eskalation, auf der anderen Seite verschärfte Moskau die Rhetorik Richtung Westen, den Repressionskurs nach innen und die Angriffe auf die Ukraine. Aber auch, dass viele andere schwergewichtige Akteure in der Welt wie China, Indien nicht konfliktentschärfend agieren, erfüllt mich mit Sorge. Denn mit jedem Tag längerer Krieg werden die globalen Eskalationsgefahren immer größer: politisch, wirtschaftlich, militärisch und nicht zuletzt kulturell und psychisch v. a. für die Zivilbevölkerung in der Ukraine und für jene, die die Flucht aus dem Bombenhagel schafften.

In unserer Büroklausur am vergangenen Freitag waren wir uns einig, dass nur die Errichtung einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur, sozusagen eine KSZE 2.0, zurück zu gesamteuropäischer Sicherheit, Entspannung und Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen führen kann. Das muss alle politischen und wirtschaftlichen Bereiche umfassen, selbstverständlich natürlich auch die internationalen Handelsbeziehungen als eines meiner Hauptarbeitsgebiete. Gerade die Beziehungen zwischen EU und afrikanischen Staaten, zu denen ich gerade meinen Parlamentsbericht erstelle, müssen vor dem Hintergrund des Krieges neu gedacht und gestaltet werden. Seit Tagen kommen immer mehr alarmierende Meldungen, dass durch den Ausfall von Getreidelieferungen aus der Ukraine und Russland in Ostafrika eine fürchterliche Hungersnot droht. Die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele, an der sich heute nach meiner Meinung Politik messen lassen muss, scheint in weite Ferne zu rücken.

Alles Themen, die sich sicherlich auch auf dem für den 1. April vorgesehenen EU-China Gipfel unter französischer EU-Ratspräsidentschaft ganz oben auf der Agenda widerspiegeln werden müssen. Neben den eigentlich auch gründlich zu diskutierenden, nicht eben einfachen Themenstellungen für die weitere Ausgestaltung der Beziehungen von „Konkurrenten, Wettbewerbern und systemischen Rivalen“, wie der letzte Gipfel das Verhältnis zwischen der VR China und der EU-27 charakterisierte. Aber ich werde darauf ausführlicher im kommenden Newsletter eingehen.

Wir als Büro werden uns den "alten" und den neuen, bedingt durch den Krieg Putins gegen die Ukraine, sehr komplexen Herausforderungen stellen. Übrigens künftig mit einem Mitarbeiter weniger: Felix Thier, mein Wahlkreismitarbeiter, wird sich beruflich neu orientieren. Felix war seit 2016 ein Anker gerade im Brandenburgischen, hat Konferenzen und Treffen organisiert, Reden und Artikel geschrieben, Besucher*innengruppen betreut, eine Menge an Organisatorischem und "Papierkram" weggetragen, sich um diesen Newsletter und die Anliegen von Bürger*innen gekümmert. Das wird er auch künftig weiter tun, ehrenamtlich, als inzwischen schon langjähriger Vorsitzender des LINKE-Kreisverbandes Teltow-Fläming. Und insofern bleiben wir verbunden. Und seien Sie gewiss, mit Nachfolger*innen bin ich schon im Gespräch. Denn die Arbeit braucht Verteilung auf vielen Schultern. 

Übrigens hat Felix uns "gestanden", in den vielen Jahren nicht ein einziges Mal in Straßburg gewesen zu sein. Das lässt sich nachholen: In den Besucher*innengruppen, die sich regelmäßig in Straßburg über meine Arbeit informieren - und zu denen natürlich auch Sie ganz herzlich eingeladen sind - findet sich bestimmt ein Plätzchen für Felix.

28. März: Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO)

Am Montag tagt wieder der Ausschuss für konstitutionelle Fragen. Neben wichtigen Abstimmungen zur Reform des Wahlrechts stehen unter anderem folgende Themen auf der Tagesordnung: Eine Aussprache zur Satzung und Finanzierung der europäischen politischen Parteien und der europäischen politischen Stiftungen (Legislative Neufassung) sowie eine Aussprache zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Feststellung gemäß Artikel 7 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Grundwerte der Union durch Ungarn besteht.

Vielleicht können Sie sich noch an meinem Newsletter vom 25. Februar erinnern, in dem ich viel über meine Stellungnahme zur Einrichtung der Behörde für die Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus berichtet habe. Uns liegen nun alle eingereichten Änderungsanträge vor, und diese werden wir in der Ausschusssitzung besprechen.

Am späten Nachmittag geht es im AFCO-Ausschuss dann mit einer öffentlichen Anhörung zum Thema „Freizügigkeit und Ausübung der politischen Rechte“ weiter. Folgende Expert*innen sind dafür eingeladen:

  • Prof. Derek Stanford Hutcheson, Prodekan für Doktorandenausbildung, Fakultät für Kultur und Gesellschaft, Universität Malmö
  • Dr. Luana Russo, Assistenzprofessorin für Quantitative Methoden an der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften - Fachbereich Politikwissenschaft, Universität Maastricht | Stellvertretende Studienleiterin BAES | Mitherausgeberin: Politik der Niederländischen Länder
  • Prof. Dr. Maarten Vink, Professor, Lehrstuhl für Staatsbürgerschaftsstudien und Direktor des Forschungsbereichs "Global Citizenship" im Rahmen des Programms "Global Governance" am Robert-Schuman-Zentrum für Höhere Studien am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz

Und zu guter Letzt wird mein belgischer Kollege Guy Verhofstadt, Ko-Vorsitzender des Exekutivausschusses der Konferenz über die Zukunft Europas, den Ausschussmitgliedern über den aktuellen Stand der Konferenz zur Zukunft Europas (COFE) und die Rolle des Europäischen Parlaments berichten. Sicherlich ein weitreichender Punkt, wird es doch auch schon um die weiterführende Verantwortung des Europaparlaments für die stringente Umsetzung der Schlussfolgerungen der COFE gehen (müssen).

Möchten Sie den AFCO-Ausschuss mitverfolgen? Das können Sie von 13:45 bis 15:45 Uhr hier und von 16:45 bis 18:45 Uhr hier.

29. März: Wirtschafts- und Sozialausschuss der Europäischen Union
Fachtagung zu Handel und nachhaltiger Entwicklung

Zum ersten Mal organisiert diese offizielle Institution der Zivilgesellschaft in der Europäischen Union ein großes Forum zum Thema Handel und Nachhaltigkeit. Die EU-Kommission revidiert gerade ihren Ansatz zur Durchsetzung der Inhalte der Nachhaltigkeitskapitel in ihren Handelsabkommen. Tanja Buzek von verdi. hat für den Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht mit Empfehlungen zur Revision verfasst, der heute in ganz großem Stil diskutiert werden wird. Ich freue mich, dass es sich bereits abzeichnet, dass die Kommission sich unseren gemeinsam mit den Gewerkschaften vorgetragenen Argumenten nicht länger verschließen will. Künftig sollen Nachhaltigkeitskapitel wohl sanktionsbewehrt sein. In den laufenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Neuseeland wird dazu erstmals ein Entwurf auf den Tisch gelegt werden.

Hier finden Sie das Programm des Forums.

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Der Webstream des Forums kann live verfolgt werden.

30. März: 25 Jahre DGB-Vertretungsbüro in Brüssel
Abendempfang

Zu meinen wichtigsten Partnern in der Durchsetzung von sozialen Rechten und Rechten der Arbeitnehmer*innen auf dem Brüsseler Parkett gehört seit Jahren das Team des DGB. Zwar haben in den langen Jahren meiner Tätigkeit die Namen dort bereits ab und an gewechselt. Doch die Zusammenarbeit war immer sehr gut und auch durchaus erfolgreich. Der scheidende DGB-Chef Reiner Hoffmann wird ja in anderer Funktion nun auch nach Brüssel gehen. Ich freue mich auf einen Abend mit interessanten Gesprächen und gratuliere dem DGB-Büro bereits hier herzlich zum 25-jährigen Jubiläum.

31. März: Lenkungsausschuss der Parlamentarischen Versammlung bei der WTO

Kurz vor der im Juni in Genf stattfindenden Ministerialkonferenz der WTO (MC12) kommt der Lenkungsausschuss der parlamentarischen Komponente der WTO zur Arbeitsplanung zusammen. Leider werden wir wegen der noch immer einschränkenden Covid-19 Situation in diesem Jahr kein großes Welttreffen der Abgeordneten vor Ort organisieren können. Dennoch gilt es Formen zu finden, wie wir unsere Erwartungen an die Ergebnisse von MC12 artikulieren. Insbesondere hinsichtlich der Förderung von Impfstoffproduktion in Afrika erwarte ich deutliche Worte. Zudem werden wir unsere Themen für unsere Veranstaltung beim jährlich stattfindenden WTO Public Forum festlegen. Es findet in diesem Jahr vom 27. - 30. September in Genf statt, unter dem Oberthema „Nachhaltige und inklusive Erholung“ (der Weltwirtschaft).

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