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Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 45, 11. Februar 2022
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
kennen Sie Gerhard Trabert? Ich denke, Sie haben von dem Arzt gehört und gelesen, den DIE LINKE als Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten am kommenden Sonntag aufgestellt hat. Der Mainzer Mediziner engagiert sich seit über 25 Jahren für Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, ob nun Obdachlose, Kranke, Ausgegrenzte. Sein "Arztmobil", die fahrende Praxis, ist inzwischen legendär – und Gerhard Trabert bietet den "Menschen am Rande" mehr als nur medizinische Hilfe. Ja, vermutlich wird der nächste Bundespräsident erneut Frank-Walter Steinmeier heißen und nicht Gerhard Trabert. Er wäre für alle in der Versammlung eine gute Wahl und es ist wichtig, die Themen, für die der Kandidat der LINKEN steht, auch in einem solchen Gremium wie der Bundesversammlung nicht nur einzubringen, sondern auch als Leitfaden für die Aufgabe einer*s Bundespräsident*in zu setzen … Vielleicht besteht ein Reiz dieser 2022er Wahl auch darin, dass beide Kandidaten in ihrer persönlichen Biographie Begegnungspunkte haben - mit dann unterschiedlich getroffenen Entscheidungen für ihr weiteres gesellschaftliches Engagement. Womit ich erneut beim Thema bin, bei dem es ganz konkret um die Bürgerinnen und Bürger und deren Vorschläge für politische Veränderungen geht. Sie ahnen es: die große EU-Zukunftskonferenz. Sie ist inzwischen in ihrer "heißen Phase" angekommen. Vielleicht fragen Sie sich, warum ich immer wieder – und auch recht ausführlich - über COFE berichte. Die Antwort ist: Mit der Zukunftskonferenz hat sich tatsächlich die reale Chance eröffnet, auf die EU und europäische Politik Einfluss zu nehmen. Es ist ganz offen gesagt konkreter harter politischer Kampf, wie wir unsere Gesellschaft(en) im 21. Jahrhundert formen. Bleibt es, wie es ist in der Logik der letzten 30 Jahre? Die Verträge über die EU-Gründung werden in diesem Jahr immerhin 30 Jahre alt, also auch wieder ein Jubiläum, das Rückschau und Ausblick verlangt. Oder gelingt es, den Mensch in den Mittelpunkt aller gemeinschaftlicher gemeinsamer Politik und Rahmensetzung im Binnenmarkt zu stellen? Darüber habe ich in dieser Woche auch in einem Gastbeitrag für die Debattenplattform http://die-zukunft.eu/ und die Tageszeitung "nd.DerTag" geschrieben. Dafür notwendig ist es allerdings, die Empfehlungen insbesondere aus den Versammlungen der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und in reale Politik umzusetzen. An diesem Wochenende wird übrigens das Panel 4 “Europas Rolle in der Welt und Migration” in Maastricht (und direkt über die Digitale Plattform https://futureu.europa.eu/ verfolgbar) seine Empfehlungen final erarbeiten. Auch "mein" Thema Internationaler Handel gehört dazu. Dafür hat sich gerade das Europäische Parlament sehr deutlich ausgesprochen, fraktionsübergreifend. Ab Montag setzt das Parlament in Strasbourg seine Plenartagung fort - und in der kommenden Woche wird es mit der Aussprache zu den Jahrenberichten zur Gemeinsamen Außen- und Verteidigungspolitik, zu Menschenrechten und Demokratie und auch der Debatte zu den aktuellen Entwicklungen im Verhältnis EU - Russische Föderation vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts um viel “große” Politik gehen. Leider sehe ich hier wenig Bereitschaft, neue Ansätze für Dialog und Zusammenarbeit, bei Anerkennung sehr unterschiedlicher Sichten und Interessen der beteiligten Staaten, aber auch ihrer jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Akteure, zu entwickeln. Der Fokus scheint starr auf die Fortsetzung des Denkens in schwarz/weiß und jeweils scheinbar entgegengesetzter Interessen gerichtet zu bleiben. Das betrifft übrigens alle Seiten. Und so werden die Debatten einmal mehr kaum Nachdenklichkeit und Bereitschaft zum Ausloten neuer Möglichkeiten, eine kooperative partnerschaftliche Außenpolitik der EU zu entwickeln, aufzeigen. Es bleiben konfrontative und ja, auch aggressive Töne in der auch sicherheitspolitisch so brisanten und gefährlichen Dissonanz beherrschend. Dies reicht nicht, um einen, wenn auch kleinen Beitrag zu leisten, um den Konflikt zu entspannen. Im Gegenteil, der Diplomatie wird es weiter erschwert, Lösungswege zu finden. Dabei sollte doch klar sein, dass es Sicherheit nicht gegen, sondern nur mit Russland geben kann. Dazu müssen alle Gesprächskanäle wieder geöffnet werden, insbesondere auch jene zur gesamteuropäischen Sicherheit und Zusammenarbeit. Das Format, das in den 1970er Jahren als KSZE-Prozess eingeleitet wurde und maßgeblich zur Entschärfung des Ost-West-Konflikt beigetragen hat, muss in zeitgemäßer Form wiederbelebt werden. Die Plenardebatte in Strasbourg wird also auch in der russischen Duma verfolgt werden - gibt es doch seit Jahren keine Kontakte, geschweige Gespräche des EP mit den Volksvertreter*innen der ersten und zweiten Kammer an der Moskva. Obgleich die europäisch-russische Partnerschaft sogar besiegelt wurde. Wo aber sollten neue Ansätze besprochen und ja, auch getestet, werden, wenn nicht zwischen Abgeordneten? Drohgebärden, ob nun verbal, wirtschaftlich oder militärisch, sind in dieser Hinsicht kontraproduktiv - von beiden Seiten wohlgemerkt. Wir als Linksfraktion jedenfalls werden uns für ein partnerschaftliches, kritisch-konstruktives Verhältnis zu Russland und zur Ukraine sehr nachdrücklich einsetzen. Innen- wie außenpolitische Herausforderungen an uns und für die Partner*innen in der östlichen Nachbarschaft, als auch in der Russischen Förderation sind ernstzunehmen. Wir haben viel zu viele gemeinsame Aufgaben im Zeitalter von Klimawandel soziale und ökologische Umstrukturierungen zu meistern und dabei allen Bürger*innen in unseren Ländern breiteste demokratische Mitentscheidung bei der Gestaltung ihrer Gegenwart und Zukunft zu garantieren, als dass das dafür notwendige friedliche Umfeld aufs Spiel gesetzt werden kann. Was sonst noch "in Europa" in der kommenden Woche wichtig wird, lesen Sie, wie gewohnt, unten. Ihr Helmut Scholz |
15. Februar: Verhältnis der EU zu Afrika
Quasi am Vorabend des sechsten EU-Afrika-Gipfels, der am 17. und 18. Februar in Paris stattfinden wird, gibt EU-Außenvertreter Josep Borrell eine Erklärung für die EU-Kommission zu den Beziehungen der EU zu Afrika ab. In der gemeinsamen Abschlusserklärung wird es um die großen Themen gehen: Investitionen und Finanzierung des Wachstums in Afrika; Gesundheitssysteme und Produktion von Impfstoffen; Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung; Bildung, Kultur, Berufsausbildung, Migration und Mobilität; Förderung des Privatsektors und der wirtschaftlichen Integration; Frieden, Sicherheit und gute Regierungsführung; Klimawandel und Energiewandel, Digitale Entwicklung und Transport, inklusive Anschlusskompatibilität und Infrastruktur. In einem Anhang zur Erklärung wird es eine lange Liste von konkreten Infrastrukturprojekten geben, auf deren Priorisierung sich beide Seiten verständigen. Mit Blick auf China will Europa sich nun nicht länger lumpen lassen. Die Milliarden sollen kommen aus dem Budget der „Global Gateway Initiative“, von der EIB und von privaten Investor*innen. Als Berichterstatter des INTA Berichtes zu den Handelsbeziehungen der EU mit unserem Nachbarkontinent im Süden muss ich auf eine grundsätzliche Neuausrichtung unserer Beziehungen drängen. Wir müssen zu einem Partner Afrikas werden, statt nur seine Ressourcen für die Produktion von Mehrwert in Europa einzusammeln. Es liegt im europäischen Interesse, Afrika auf seinem Weg zum Kontinent der Zukunft zu unterstützen. Das bedeutet: Aufbau von Energieproduktion in Afrika zuerst für den Bedarf vor Ort, bis auch ein Überschuss nach Europa exportiert werden kann. Stärkung des intra-regionalen Handels und der Produktion zur Stärkung der Selbstversorgungsquote. Verarbeitung in Afrika fördern. Europa muss es wichtig sein, dass der Kontinent, auf dem bald die Mehrheit der jungen Weltbevölkerung leben wird, eine erfolgreiche nachhaltige und inklusive Wachstumsstrategie umsetzen kann. Dafür sind Investitionen und Transferleistungen nötig, die nicht mehr nur auf den Abtransport der Rohstoffe nach Europa abzielen, wie es in Global Gateways leider angelegt ist. Sie können die Debatte hier in der EU-Sprache Ihrer Wahl verfolgen: https://multimedia.europarl.europa.eu/de/webstreaming/plenary-session_20220215-1500-PLENARY |
16. Februar: Workshop Handelsbeziehungen EU-Südliches Afrika
Im Rahmen meines Berichts im Handelsausschuss lade ich zum vierten Mal zu einem speziellen Workshop ein. Diesmal geht es spezifisch um die Bedürfnisse und Interessen im südlichen Afrika. Auch diesmal konnte ich kompetente Expertinnen und Experten aus der Region gewinnen:
Die Regierungen von Botswana und Südafrika, Europaabgeordnete, die EU-Kommission und natürlich auch Sie sind wieder herzlich eingeladen, sich bei diesem Zoom-Workshop einzubringen oder auch nur zuzuhören. Schließlich heißt unsere Reihe ja „Europe in listening mode“. Hier ist der Link: https://zoom.us/j/91043539087 Sollten Sie die vorherigen Workshops zu Ostafrika, Westafrika, oder zu Nordafrika verpasst haben, so können Sie sich die Videos in englischer Sprache auf dem Youtube-Kanal des Brüsseler Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung ansehen. Die Unterstützung der Stiftung hat diese Workshop-Reihe erst möglich gemacht. Vielen Dank dafür! |
18. Februar: Büro-Klausur
Mit Beginn jedes neuen Jahres steht natürlich die Arbeitsplanung auf der Agenda. Schwerpunktsetzungen, Verschränkung der parlamentarischen und außerparlamentarischen Aufgaben, Öffentlichkeitsarbeit, und, und, und … Davon berichtete ich bereits. Unser Team - die Büros in Brüssel, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, werden das ausführlich, einschließlich organisatorischer Details, besprechen, traditionell in einer Klausurberatung. In den zurückliegenden Jahren haben wir das immer in Präsenz getan. Mal haben wir uns alle in Brüssel in meinem Büro getroffen, mal in einem meiner Wahlkreisbüros. So oder so waren einige meiner Mitarbeiter*innen damit immer auf Reisen: entweder aus Brüssel in den Wahlkreis oder andersherum. Das hat Corona verändert, nun schalten wir uns also ein weiteres Jahr virtuell zusammen. Videokonferenzen können Dinge erleichtern und Beratungen zeitlich verkürzen. Aber irgendwie gerät auch das Zwischenmenschliche etwas ins Hintertreffen ... Sicherlich sogar mehr. Nun ja, so oder so werden wir auch im Team Helmut Scholz die Planung für 2022 besprechen. Dazu lesen sie dann in den kommenden Ausgaben von Zwischen Zeuthen und Brüssel bestimmt mehr. |
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