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Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 33, 5. November 2021
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
ich schreibe diese Zeilen der wöchentlichen Einleitung zum aktuellen Newsletter unmittelbar nach meiner Rückkehr aus den USA. Schon einmal so viel: Die Gespräche und Begegnungen in Washington waren nicht nur hochinteressant, sondern haben auch die veränderte Wahrnehmung des Verhältnisses EU-USA seitens der staatlichen Institutionen, des US-Kongresses und zahlreicher gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Akteur*innen in Washington DC deutlich werden lassen. Wie Sie vielleicht in meinem Newsletter der vergangenen Woche gelesen haben, sind wir sieben Europaabgeordnete aus dem Handelsausschuss mit der US-Handelsbeauftragten, Katherine Tai, und ihrem Stab zusammengetroffen, mit Vertreter*innen des US-Außenministeriums, mit Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses und Mitgliedern des US-Senats, und, und, und ... Für einen Abstecher in die Stadt blieb bei dem engen Programm keine Zeit. Immerhin angeschaut: Vor dem Gebäude des amerikanischen Gewerkschaftsdachverbandes AFL-CIO ist eine eindrucksvolle Plaza für die Akteur*innen, und v.a. viele Opfer der rassistischen Gewalt, und damit für die Black-Lives-Matter-Bewegung, entstanden. Und in Gesprächen am Rande ist erneut deutlich geworden: die Polarisierung in der Gesellschaft, noch verstärkt durch die Corona-Pandemie, ist nicht überwunden. Am 4.11. meldeten die Medien, dass die Zahl der durch COVID-19 Verstorbenen die Zahl von 750.000 überschritten hat. Dazu gehört, dass wir die Abstimmung über einige Bürgermeister*innen, unter anderem in New York City, und den Ausgang der Gouverneurswahlen direkt auf dem Capitol Hill miterlebt haben. Gerade der deutliche Erfolg eines Republikaners im US-Bundesstaat Virginia und die nur sehr knappe Wiederwahl des Demokraten-Gouverneurs in New Jersey haben einmal mehr gezeigt, vor welch großen Aufgaben die Joe Biden/ Kamala Harris-Administration steht. Wie zerrissen die US-amerikanische Gesellschaft ist und auch dass rechte Kräfte und Trump-Anhänger*innen bereits jetzt aggressiv auf die mid-term elections, also die Zwischenwahlen, in beiden Häusern des US-Kongresses zusteuern, um die Mehrheitsverhältnisse zu brechen und für die nächste Präsidentschaftswahl mobil zu machen. Über die Ergebnisse der Gespräche in den USA wird bereits in der kommenden Woche im Europäischen Parlament zu diskutieren sein. Mehr dazu und zu anderen Themen können Sie unten lesen. Übrigens: Das Europäische Parlament tagt ab sofort wieder in Präsenz. Das heißt ganz praktisch, dass Abstimmungen und Interventionen nur noch vor Ort möglich sind. Ob dies angesichts der steigenden Corona-Inzidenzen auch in den nächsten Wochen und Monaten so bleiben wird, werden wir sehen. Aber ob nun in Präsenz oder digital: Die Arbeit in Brüssel und Strasbourg und ebenso den Wahlkreisen wird intensiv weitergehen. Und sicherlich ist somit auch das eine oder andere organisatorische und auch Zeitelement in der Arbeit unseres Gesamtbüros erneut zu überdenken und anzupassen. Ihr Helmut Scholz |
8. November: Handel und Gesundheit, ein Webinar mit der Generaldirektorin der WTO, Ngozi Okonjo-Iweala
Dieses Webinar wird - Corona bedingt - als Teil der diesjährigen Parlamentarischen Konferenz bei der WTO organisiert, in deren Lenkungsausschuss ich seit Jahren Mitglied bin. Wie bereits früher auch von Luciana Castellina und Helmuth Markov als Mitglieder resp. Vorsitzende des Handelsausschusses seitens der GUE/NGL-Fraktion vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages, der 2009 die Entscheidungskompetenz für die internationale Handelspolitik an die EU übertrug, setzt sich die Fraktion THE LEFT für eine stärkere Mitsprache der Parlamente der WTO-Mitgliedsländer in der Internationalen Handelspolitik ein. Die Generaldirektorin der WTO konnte persönlich gewonnen werden, vor Abgeordneten aus aller Welt ihre Erwartungen und Vorschläge zum Thema Handel und Gesundheit auf der im Dezember anstehenden 12. Ministerialkonferenz der WTO darzulegen und damit eine wichtige Messlatte für den Erfolg dieser weiteren wichtigen internationalen Konferenz 2021 abzustecken. Es soll ein Gesundheitspaket verabschiedet werden, in dem unter anderem der Wegfall von Zöllen für bestimmte medizinische Güter beschlossen werden soll. Auch der von vielen Mitgliedern der WTO, v. a. aus dem Globalen Süden, geforderte „TRIPS Waiver“ wird in diesem Zusammenhang einen wichtigen Platz in den Beratungen der Konferenz einnehmen, also die Frage, ob es für COVID-19 Impfstoff eine zeitweilige Aussetzung des Patentschutzes geben soll. Der TRIPS-Rat wird Ende November eine Woche vor dem Gipfel tagen und soll einstimmig die Beschlussvorlage für den Gipfel annehmen, die derzeit in kleinen Arbeitsgruppen in Genf verhandelt wird. Wird eine Einigung zu diesem für die Bekämpfung der Pandemie und für so viele Menschen in der Welt so zentralen Thema gelingen? Die Zahl von fünf Millionen offiziell registrierten Toten durch die Pandemie wurde gerade überschritten. Nicht Handeln tötet. Ich hoffe, dass Okonjo-Iweala die Abgeordneten aus den liberalen und konservativen Parteien beeindrucken kann, damit auch diese sich nun für den Waiver einsetzen, denn es sind leider v. a. die EU und auch Deutschland, die sich dieser Forderung widersetzen. |
8. November: Linke Perspektiven auf die EU-Zukunftskonferenz
Welche Zukunft wünschen sich Bürger*innen für die Europäische Union und welche Prioritäten sollen künftig gesetzt werden? Darüber können Menschen aus ganz Europa bei der Konferenz zur Zukunft Europas diskutieren. Am Montagabend um 19:00 Uhr nehme ich an einer Diskussionsveranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Bayern und des Kurt-Eisner-Vereins teil. Gemeinsam mit Daniela Vancic von Democracy International werden wir einen Ausblick auf die Themen nehmen, die sich bislang als Schwerpunkte und Schwergewichte in den Diskussionen auf der EU-Zukunftskonferenz abzeichnen - und sicherlich genauer debattieren, welche Rolle linke Perspektiven dabei spielen. Wenn Sie an der Veranstaltung teilnehmen möchten, können Sie sich hier anmelden. |
9. November: Ausschuss für konstitutionelle Fragen
Am Dienstag von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 16:45 Uhr bis 18:45 Uhr tagt der Ausschuss für konstitutionelle Fragen. Die Tagesordnung sieht einen Austausch mit den Abgeordneten der nationalen Parlamente zur Zukunftskonferenz vor. Wir werden deswegen auch Dubravka Suica, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und zuständig für Demokratie, und Gašper Dovzan, Staatssekretär des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten aus Slowenien, zu Gast im Ausschuss haben. Sicherlich eine sehr spannende und vielleicht auch erhellende Debatte zu den unterschiedlichen Sichten auf die Verschränkung nationaler und EU-ropäischer Erwartungshaltungen und Forderungen an die Konferenz. Am Nachmittag wird dann unter anderem meine Stellungnahme zum Bericht des Petitionsausschusses über „die Einbindung der Bürger: das Petitionsrecht, das Recht, sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden, und die Europäische Bürgerinitiative“ zur Abstimmung gestellt - ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt und in direkter Verbindung mit meinem Bericht über den „Bürgerdialog und die Beteiligung der Bürger an der Entscheidungsfindung in der EU“ steht. Die Ausschusssitzung wird im Internet übertragen und kann hier von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 16:45 Uhr bis 18:45 Uhr mitverfolgt werden. |
9. November: Der Handelsausschuss tagt.
Auf der Tagesordnung stehen wiederum wichtige und sehr komplexe Themen: Die EU-Kommission hat den Gesetzentwurf für eine CO2-Abgabe für bestimmte Einfuhren in die EU vorgelegt (den Carbon Border Adjustment Mechanism). Was wollen EU-Parlament und EU-Rat ändern? Des weiteren wird der „Chief Enforcement Officer“ der EU-Kommission seinen Jahresbericht vorlegen, wie die Umsetzung, beziehungsweise Durchsetzung der Freihandelsabkommen der EU läuft. Schließlich beginnen wir das gesetzgeberische Verfahren zur Reform und Erneuerung der einseitigen Zollsenkungen der EU für Entwicklungsländer (Allgemeines Präferenzsystem, englisch GSP). Abstimmen werden wir unter anderem über die Resolution zur Erwartungshaltung des Europäischen Parlaments an den kommenden WTO-Gipfel. Ein Resolutionsentwurf des Handelsausschusses, der viele Kompromisslinien beinhaltet und die Bandbreite der Positionen der sieben politischen Fraktionen zur Handelspolitik widerspiegelt. Aber zugleich deutlich die Notwendigkeit eines regelbasierten multilateralen Handelssystems verteidigt. Wir haben als Linksfraktion hart verhandelt und einige Kompromisse erreichen können, aber in durchaus wichtigen Fragen zeigte sich v. a. der CDU-Schattenberichterstatter und Ko-Chef des WTO-Lenkungsausschusses des EP, Sven Simon, als Fortschrittsbremse. Insbesondere bei allen Fragen um den TRIPS Waiver und zum Recht auf spezielle und differenzierte Behandlung von Entwicklungsländern in der WTO verhinderte er, flankiert von ECR und ID-Kolleg*innen, für den Ausschuss weiterführende Kompromisse. Sie können die Ausschusssitzung hier live verfolgen: |
9. November: Tag der Handelspolitik des Europäischen Parlaments
Diese inzwischen traditionelle Veranstaltung wird einmal im Jahr vom Handelsausschuss des Europäischen Parlaments organisiert. Im ersten Podium diskutieren die Generaldirektorin Handel der EU-Kommission, Sabine Weyand, der stellvertretende Generaldirektor der WTO, Jean-Marie Paugam, und der von unserer Fraktion nominierte Rob Davies, ehemaliger Wirtschaftsminister der Republik Südafrika, zum Thema „Handel in Zeiten von ökonomischer Transformation und geopolitischer Instabilität“. In einer zweiten Podiumsrunde geht es um das Thema „Hin zu einer nachhaltigen Erholung: wie bereiten wir uns auf die Welt von 2030 vor?“. Darüber diskutieren Prof. Joost Pauwelyn vom Institut für internationale und Entwicklungsstudien (IIDS) in Genf, Arianna Schouten, Wissenschaftlerin bei Knowledge Ecology International (KEI) aus Washington D.C., sowie Eleonora Catella, stellvertretende Direktorin von Business Europe, dem europäischen Unternehmensverband. Sie können der Diskussion hier auf Deutsch oder in der angebotenen EU-Sprache Ihrer Wahl folgen: |
10. und 11. November: Plenarsitzung des Europäischen Parlaments in Brüssel
Unsere Plenarsitzungen tagen nicht nur in Strasbourg, wie vom EU-Vertrag zwölfmal Mal im Jahr vorgeschrieben. Zusätzliche zweitägige Sitzungen gibt es mehrmals im Jahr in Brüssel. Auch jetzt steht wieder so ein „Mini-Plenum“ an. Meine Themen finden sich in der Tagesordnung diesmal eher am Donnerstag. Es gibt eine große Aussprache über die erste Sitzung des neu geschaffenen Trade and Technology Council (Rat für Handel und Technologie). Mit dieser neuen Institution soll die Kooperation mit den USA auf eine neue Stufe gehoben werden. Es geht um regulatorische Abstimmung und perspektivisch auch um entsprechende Kooperation. Es geht um das Setzen technologischer Standards - vor dem Hintergrund der Konkurrenz mit China sowie um Fragen einer besseren gemeinsamen Ausrichtung der Industrie- und Wettbewerbspolitik von EU und USA - vor dem Hintergrund der neuen auch geowirtschaftlichen Konstellationen und Herausforderungen. Der Elefant im Raum ist bei allen Themenstellungen das heutige und künftige Verhältnis zu China und sein wirtschafts- wie handelspolitisches Gewicht. Die EU-Kommission versicherte auf meine Nachfragen im Handelsausschuss, dass es sich nicht um eine Art neues TTIP handeln würde und dass Änderungen, für die Gesetze geändert werden müssten, natürlich weiterhin von Europäischem Parlament und Rat beschlossen werden müssen. Während meiner Gespräche in Washington hat sich jedoch mein Eindruck verstärkt, dass die angestrebte Tiefe der Kooperation ungewöhnlich ist und in unseren Parlamenten auch aus Fragen der Demokratie geprüft werden muss. Aber vieles scheint noch nicht vollständig ausgefeilt. Zum Beispiel, wie die anvisierte Einbeziehung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Akteure und v. a. der Abgeordneten im US-Kongress wie des Europäischen Parlaments nun konkret aussehen wird. Die Debatte wird am Donnerstag ab 9:00 Uhr geführt werden und auf der Webseite des Europäischen Parlaments live in allen EU-Sprachen übertragen werden. https://multimedia.europarl.europa.eu/de/plenary-session_20211111-0900-PLENARY_vd |
11. November: Europäische politische Parteien
Am Donnerstagvormittag werden wir in der Mini-Plenarsitzung in Brüssel den Bericht über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen debattieren. Dieser Bericht nimmt die Überarbeitung einer bereits bestehenden Verordnung vor, um mehr Transparenz über die Finanzierung von Parteien und Stiftungen zu schaffen. Auch der Aspekt der zukünftigen Finanzierung von Referendumskampagnen zur EU-Politik in den Mitgliedstaaten sind Teil des Berichts. Europäische politische Parteien und Stiftungen sind dem Bericht nach für die Entwicklung einer wahrhaft europäischen Öffentlichkeit von wesentlicher Bedeutung und sollten deshalb auch eine zentralere Rolle bei den Europawahlen spielen. Um in Zukunft ihr volles Potenzial als aktive Akteure der europäischen Demokratie auszuschöpfen, braucht es daher eine Überarbeitung, die praktischen Schwierigkeiten und politische Hindernisse aus dem Weg zu schaffen. Ein Bericht, der gerade auch für die Partei der Europäischen Linken und die linke Stiftung transform!Europe und alle ihre Mitgliedsparteien bzw. Stiftungsmitglieder wichtige Arbeitsgrundlage sein wird. Hier können Sie den Bericht einsehen. |
11. November: Austausch mit dem Landtag Brandenburg - Konferenz zur Zukunft Europas
Der Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik des Landtages Brandenburg hat beschlossen, ein Fachgespräch zum Thema „Konferenz zur Zukunft Europas" durchzuführen. Dazu wurde ich als Mitglied des Exekutivausschusses und der Plenarversammlung der Konferenz zur Zukunft Europas eingeladen. Ziel ist es, den Landtagsmitgliedern zum aktuellen Stand und den bereits diskutierten Inhalten der Zukunftskonferenz zu berichten. Der Landtagsausschuss hat sich im Jahr 2021 vertieft mit verschiedenen Herausforderungen der Europäischen Union befasst. Hintergrund ist unter anderem, dass der Landtag Brandenburg an dem Pilotprojekt „Input aus politischen Debatten in Regionalparlamenten" des Europäischen Ausschusses der Regionen und der Konferenz der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis der Europäischen Union teilnimmt. Die Details zur Sitzung, und auch zum Live-Stream, finden Sie hier. |
11. November: Besuch aus der Rosa Luxemburg Stiftung
Die Rosa Luxemburg Stiftung hat das gute Prinzip entwickelt, ihre angehenden Leiterinnen und Leiter von Auslandsbüros für eine Woche nach Brüssel zur Fortbildung zu schicken. Ich bin in unserer Delegation für die Kontakte zum internationalen Bereich der Stiftung zuständig und freue mich darauf, diesmal die neuen Büroleiterinnen Janine Walter (bald Johannesburg) und Tanja Tabbara-Nikro (bald Beirut) im Europäischen Parlament begrüßen zu dürfen. Mit anderen Abgeordneten unserer Delegation und Fraktion werden wir Gelegenheit haben, unsere Arbeit und Vorhaben vorzustellen und Kooperationsmöglichkeiten zu entdecken. |
Büro in Brüssel Büro des Europaabgeordneten Helmut Scholz in Berlin Europa- und Bürgerbüro Rostock Europa- und Bürgerbüro Schwerin Europa-Wahlkreisbüro Frankfurt (Oder) Europäisches Regionalbüro Spremberg |
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