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Helmut Scholz, MdEP
Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 30, 15. Oktober 2021
Liebe Leserinnen, liebe Leser,

lassen Sie mich diese Ausgabe meines Newsletters mit einem kleinen Rückblick beginnen. Am vergangenen Sonntag gab es in Teltow-Fläming, dem Nachbarlandkreis meines eigenen Landkreises, die Stichwahl um das Amt der Landrätin. Seit 2013 ist meine Genossin Kornelia Wehlan dort Landrätin und hat eine beeindruckende Bilanz vorzuweisen. So ist Teltow-Fläming seit Jahren einer der wirtschaftsstärksten Landkreise in ganz Deutschland und steht in Ostdeutschland auf den obersten Plätzen.

Nun waren die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen zu entscheiden, ob Kornelia Wehlan weitermachen darf. Und sie darf! Gegen insgesamt sechs Mitbewerbende hat sie sich durchgesetzt und wurde am 10. Oktober in der Stichwahl mit 55 Prozent im Amt bestätigt. Ein toller Erfolg! Ich schließe mich daher allen Gratulierenden mit EUropäischen Glückwünschen an! Linke Politik - direkt an den Interessen, Sorgen & Vorschlägen der Menschen vor Ort dran, zahlt sich aus. Viel Erfolg, liebe Konni Wehlan, Wünsche für Gesundheit, Kraft & Unterstützung auch von mir.

Auch die Signale aus Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, was die dortigen Sondierungen betrifft, sind ermutigend. Ich wünsche den jeweiligen LINKEN-Landesverbänden viel Erfolg bei den Verhandlungen.

Und alle notwendige Weitsicht, denn DIE LINKE erhält die wichtige Möglichkeit, zentrale Punkte für ein soziales MV verantwortungsbewusst einzubringen und ihr Wahlversprechen einzulösen: Wir machen! Und ich bin mir sicher, dass auch die LINKE in Berlin sich erneut und weiter gerade für das Soziale stark machen wird. Ich freue mich über diese Konstellationen - gerade, weil die Herausforderungen so groß sind und DIE LINKE zu ihrer Aussage steht, sich für die Menschen einzusetzen.

Ansonsten wünsche ich Ihnen wie immer eine informative Lektüre und spannende Einblicke in meine kommende Arbeitswoche im Europäischen Parlament.

Bleiben Sie gesund!

Ihr

Helmut Scholz

18. Oktober: Links wirkt: Vom Hof auf den Tisch

Wie wir in der Landwirtschaft produzieren und was letztlich auf unseren Tisch kommt, geht uns wirklich alle an. Die im Mai 2020 veröffentlichte Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ („Farm to Fork“) ist eines der Schlüsselinstrumente, die von der Kommission im Rahmen des Europäischen Grünen Deals entwickelt wurden, und eine Möglichkeit zur Verbesserung des Lebensstils, der Gesundheit und der Umwelt. Sie enthält eine Liste legislativer und nichtlegislativer Maßnahmen, die in bestimmten Bereichen, und horizontal im Rahmen verschiedener EU-Politiken, angenommen werden sollten.

Nach langen Verhandlungen haben der Umweltausschuss (ENVI) und der Agrarausschuss (AGRI) beschlossen, die Strategie in einem gemeinsamen Bericht zu bewerten. Und jetzt kommt es: verantwortlich war meine Fraktionskollegin Anja Hazekamp von der niederländischen „Partei für die Tiere“ als Berichterstatterin für ENVI, sowie der Südtiroler Herbert Dorfmann von der EVP als Berichterstatter für AGRI.

Die Verhandlungen waren ziemlich hart, insbesondere zu sensiblen ENVI-Themen wie Pestizide, Klima- und Biodiversitätsauswirkungen von Landwirtschaft, industrielle Viehwirtschaft, Handel und neue Techniken zur Genomveränderung. Eine Mehrheit musste mit Sozialdemokraten, Liberalen, den Grünen und uns geschmiedet werden, da es sich bei einigen Themen als unmöglich erwies, die konservative EVP einzubeziehen. Obwohl Sozialdemokraten und Liberale stark von ihren jeweiligen AGRI-Schattenberichterstattenden beeinflusst wurden, die sehr konservativ sind, haben unsere Verhandlungen letztlich zu einem Bericht geführt, der einige starke Forderungen und Inhalte enthält. Der Abschlussbericht wurde in den Ausschüssen mit großer Mehrheit angenommen.

Der Bericht begrüßt die Ambitionen und Ziele der „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie der EU-Kommission und fordert eine gemeinsame Lebensmittelpolitik mit einem ganzheitlichen Ansatz, die auch die soziale Dimension einschließlich der Gesundheit und eine Anhebung der Tierschutzstandards einbezieht. Er enthält konkrete Forderungen nach Verbesserungen der EU-Politik und Gesetzgebung zu Pestiziden, Antibiotika, Zoonosen, Lebensmittelumfeld und Lebensmittelkennzeichnung, einschließlich einer obligatorischen Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite der Packung. Er fordert eine bessere Kohärenz der Gemeinsamen Agrar- und Handelspolitik mit den Klima- und Biodiversitätszielen sowie der Festlegung von Reduktionszielen für die Treibhausgasemissionen für die Landwirtschaft. Er hebt die Rolle naturbasierter Lösungen und Agroforstwirtschaft hervor und betont, dass Klimaschutzmaßnahmen im Einklang mit dem Grünen Deal und den Tierschutzambitionen stehen müssen. Schließlich setzt sich der Bericht auch sehr für bessere Kooperation mit dem globalen Süden ein und fordert die Kommission auf, endlich einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den der Export von in der EU bereits verbotenen Pestiziden in andere Länder der Welt unterbunden wird.

Der Bericht ist ein sicherlich ungewöhnliches, so nicht von vornherein absehbares positives Beispiel dafür, was wir als Linksfraktion bei notwendiger Kompromisssuche selbst mit der Europäischen Volkspartei durchsetzen können. Ich empfehle allen, die sich für Landwirtschaftspolitik, Umweltpolitik und Verbraucher*innenpolitik interessieren, den Bericht zu lesen und die Debatte am Montag zu verfolgen. Anja Hazekamp spricht übrigens fließend Deutsch.

Berichtsentwurf: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2021-0271_DE.html

Link zur Debatte (ab ca. 17:15 Uhr): https://multimedia.europarl.europa.eu/de/plenary-session_20211018-0900-PLENARY_vd

18. Oktober: Ausschuss für konstitutionelle Fragen

Am Montagabend von 19:00 bis 21:00 Uhr tagt am Rande der Plenarsitzung auch der Ausschuss für konstitutionelle Fragen. Auf der Tagesordnung steht diesmal, neben der Abstimmung zum Bericht der politischen Stiftungen, eine Aussprache zu den eingereichten Änderungsanträgen zum Assessment der Implementierung von Artikel 50 TEU, der berüchtigten Austrittsklausel im Vertrag über die Europäische Union, der vor dem Brexit noch nie auf die Probe gestellt worden war.

Ferner werde ich meine Stellungnahme zum Bericht des Petitionsausschusses über „die Einbindung der Bürger: das Petitionsrecht, das Recht, sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden, und die Europäische Bürgerinitiative“ im Ausschuss vorstellen - ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt und in direkter Verbindung mit meinem Bericht über den „Bürgerdialog und die Beteiligung der Bürger an der Entscheidungsfindung in der EU“ steht.

19. Oktober: Polen und die Rechtstaatlichkeit

Nachdem es unter der slowenischen Ratspräsidentschaft (ausgerechnet!) gerade lange Verhandlungen und Diskussionen innerhalb und zwischen den einzelnen Institutionen über dieses schwierige Problemfeld in der Europäischen Union gab, stellt Kommissionspräsidentin Von der Leyen im Europäischen Parlament vor, wie die Kommission auf die Entscheidung des von Kaczynski handverlesenen Polnischen Verfassungsgerichts reagieren will, dass die im Primär- und Sekundärrecht verankerte Europäische Gesetzgebung in Teilen neuerdings nicht mehr mit der Verfassung des Landes vereinbar sei.

Die Debatte können Sie hier in der EU-Sprache Ihrer Wahl live verfolgen. Auch eine Aufzeichnung wird auf der Webseite des Parlaments verfügbar gemacht werden.

https://multimedia.europarl.europa.eu/de/plenary-session_20211019-0900-PLENARY_vd

19. Oktober: SWP-Veranstaltung „Deutsche Außenpolitik im Wandel“

Auf Einladung des neuen Direktors der Stiftung Wissenschaft & Politik, Dr. Stefan Mair, werde ich ein Gastredner bei dieser renommierten Veranstaltung sein, die künftige Perspektiven und Ansätze der Deutschen Außenpolitik diskutieren wird. Die Konferenz beginnt um 09:30 Uhr in Berlin mit internationalen Video-Zuschaltungen. Aus Strasbourg bin ich ab 10:30 Uhr mit Dr. Christian Wagner von der SWP und Professorin Claudia Warning vom BMZ zum Thema „Wandel der außenpolitischen Identität“ in einer Gesprächsrunde. Die Veranstaltung wird auf Thesenpapieren und Fallstudien aufbauen, die in dem neuen Kompendium der SWP „DASEP I“ zu einer breiten Palette außenpolitischer Aufgabenstellungen zusammengestellt und im September 2021 veröffentlicht wurde.

Texte finden Sie hier: https://www.swp-berlin.org/publikation/deutsche-aussenpolitik-im-wandel

19. Oktober: Debatte Beziehungen EU-Taiwan: Wir brauchen Kommunikation statt Provokation

Am Nachmittag werden wir einmal mehr erleben, wie sich viele Europa-Abgeordnete zum angespannten Verhältnis EU-China positionieren werden und die von der EU skizzierte “systemische Rivalität” mit verbalen Attacken auf China ausformen wollen. Der Außenausschuss hat einen Bericht zum Verhältnis EU-Taiwan erarbeitet und stellt diesen zur Debatte.

Das anerkennenswerte an der vorgeschlagenen Position des Europäischen Parlaments zu Taiwan ist, dass die bisherige Linie der Ein-China-Politik der EU, wie sie seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen verfolgt wird, und so auch den aktuellen Standpunkt des Rates, bestätigt wird. Eigentlich eine historische Selbstverständlichkeit - gerade 110 Jahre nach der Xinhai-Revolution, die für Überwindung der Monarchie und Beginn des Kampfes gegen die koloniale Unterwerfung des chinesischen Volkes und Ausplünderung des Landes steht.

Aber im Übrigen lässt der Bericht eine praktische Untersetzung dieser völkerrechtlichen Schlussfolgerung aus, schafft neue Widersprüche und daher dürfte der Text in der Volksrepublik China wohl eher als Provokation verstanden werde. Und auch die Sprachlosigkeit zwischen dem Europäischen Parlament und dem Nationalen Volkskongress Chinas weiter befördern.

Worin liegt der Sinn, wenn die US-amerikanische Marine jeden Monat Verbände durch die Taiwan-Straße schickt? Was für eine Geste soll es sein, wenn Deutschland die Fregatte Bayern auf eine symbolische Reise schickt? Niemand sollte sich einbilden, im 21. Jahrhundert Politikwechsel in unterschiedlich verfassten Gesellschaften mit Machtpolitik von außen herbeiführen zu können. Auch nicht gegenüber China. Zumal es nicht möglich sein wird, wirtschaftliche oder Investitionsabkommen mit Taiwan abzuschließen, wenn nicht zuvor ein entsprechendes Abkommen mit der Volksrepublik ratifiziert wurde. Bleiben wir realistisch, oder besser gesagt, werden wir es wieder.

Die Debatte wird gegen 18:00 Uhr beginnen, eventuell sogar noch später: https://multimedia.europarl.europa.eu/de/plenary-session_20211019-0900-PLENARY_vd

20. Oktober: Hauptdebatte zur Klimakonferenz der UNO in Glasgow

Die Zeit ist rasch vergangen und nun steht sie vor der Tür: die wichtige Klimakonferenz von Glasgow, auf der die konkreten Umsetzungsmaßnahmen beschlossen werden sollen, mit denen die Ziele des Pariser Klimaabkommens vielleicht doch noch erreicht werden könnten. Das Europäische Parlament wird der Verhandlungsdelegation der Europäischen Union ambitionierte Positionen mit auf den Weg geben.

Die Debatte können Sie ab etwa 10:00 Uhr hier live verfolgen:

https://multimedia.europarl.europa.eu/de/plenary-session_20211020-0900-PLENARY_vd

20. Oktober: Der Skandal der gewaltsamen Zurückdrängung von Geflüchteten an den Außengrenzen der EU

Wir haben mit unserer Fraktion gerade in Slowenien einen der neu errichteten Rasierklingen-Zäune besichtigt, mit dem Geflüchtete und ihre Familien aufgehalten werden, falls sie es über den Grenzfluss mit Kroatien geschafft haben sollten. Meine DIE LINKE-Kollegin Cornelia Ernst wird in der Debatte die zahlreichen Fälle von gewaltsamen Zurückweisungen von Flüchtlingen anprangern, die wir gemeinsam mit NGOs dokumentieren konnten.

Die Debatte wird um 20:30 Uhr beginnen und Sie können sie live verfolgen, oder später deren Aufzeichnung ansehen.

https://multimedia.europarl.europa.eu/de/plenary-session_20211020-0900-PLENARY_vd

21. Oktober: Debatte zur Zukunftskonferenz - What’s next?

Am Donnerstagabend nehme ich an der Debatte zur Konferenz über die Zukunft Europas im Institut d'Etudes Politiques von Straßburg teil. Unter dem Motto What’s next? können Jugendliche und Student*innen ihre Fragen zu Europa und der Zukunft stellen.

Kolleg*innen anderer Fraktionen werden auch anwesend sein. Ich freue mich auf einen interessanten Austausch und bin gespannt, mit was für Ideen und Vorstellungen sich die jungen Menschen in die Diskussionsrunde einbringen werden.

22.-23. Oktober: 2. Plenarversammlung der Konferenz zur Zukunft Europas

DIE LINKE. im Europäischen Parlament begrüßt den Austausch zu den ersten vier Bürgerforen. Auch die Vorstellungen der Berichte des Europäischen Jugendevents (#EYE) und der Vertreter*innen der nationalen Foren und Veranstaltungen stehen auf der Tagesordnung. Am Freitag werden neun Arbeitsgruppen mit jeweils 40 Mitgliedern der Konferenz zu den auch auf der Digitalen Plattform www.futureu.europa.eu eingestellten zentralen Themensträngen endlich angehen.

Bei allen sichtbarer werdenden Problemen hinsichtlich der Komplexität der Konferenz und einer sehr unterschiedlichen Herangehensweise an die Breite und Tiefe der Konferenz seitens beteiligter Akteur*innen bleibe ich dabei: Ob Klimawandel, Migration, soziale Gerechtigkeit oder Demokratie - die Zukunftskonferenz bleibt mehr als nur eine Chance, gemeinsam mit den Menschen aller 27 Mitgliedsstaaten die bisherige Entwicklung des Integrationsprozesses der EU zu reflektieren und Verbesserungsvorschläge einzubringen. Wir müssen aktiv, offen und transparent in alle Phasen und Strukturen der Konferenz eingreifen, um eine andere Politik der EU zu ermöglichen.

Am Sonnabend dann wird das Plenum der Konferenz, die Vertreter*innen der EU-Institutionen, der nationalen Parlamente und 80 Beauftragte aus den Bürger*innen-Versammlungen gemeinsam die Ideen aus der ersten Phase der vier Bürgerforen sowie der auf mehrsprachigen digitalen Plattform eingestellten Wortmeldungen und Vorschläge erörtern. Und das wird so als Arbeitsprinzip einer Rückkoppelung weitergehen: Es lohnt sich also weiter mitzumachen oder auch selbst Veranstaltungen einzubinden.

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