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Zwischen Zeuthen und Brüssel, Ausgabe 129, 24. Januar 2024
Liebe Leser:innen,
der morgige Donnerstag wird ein bedrückender Tag im Europäischen Parlament – und ein ebenso wichtiger. Zwei Tage vor dem Internationalen Holocaust-Gedenktag erinnern wir an die Millionen Opfer, die der faschistische Rassenwahn forderte. Eingeführt wurde der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust im Jahr 2005 von den Vereinten Nationen. Am 27. Januar 1945 war das deutsche Konzentrationslager Auschwitz von sowjetischen Soldaten befreit worden. Die Bilder, die sie dort sahen, waren vor Grausamkeit und Schrecken kaum zu ertragen. Die real dokumentierten Aufnahmen aus der menschengemachten Hölle von Auschwitz - wie auch die aus allen anderen Konzentrations- und Vernichtungslagern des „Dritten Reiches“, des deutschen Faschismus, belegten auf dramatische, ja fassungslos machende Weise die Konsequenzen der Entscheidungen der Wannsee-Konferenz. Über eine Million Menschen waren allein in Auschwitz zwischen März 1942 und November 1944 bestialisch und fabrikmäßig ermordet worden. Nicht erst das Treffen rechtsextremer und konservativer Politiker:innen, die sich in perfider Absicht dafür auch noch Potsdam ausgesucht hatten, um über eine Massenvertreibung aus Deutschland zu beraten, hat überdeutlich gemacht: Nie in den vergangenen Jahren war es so wichtig wie heute, der Opfer des Holocaust zu gedenken und klar zu benennen, wohin Faschismus führt. Nämlich zur Ermordung Andersdenkender, Andersglaubender, Andersaussehender, Anderslebender, zu Vertreibung, Vernichtung, zu Weltkriegen. Und nie in den vergangenen Jahren war es so wichtig wie heute, dies klar und laut auszusprechen. Und nie war es so wichtig wie heute deutlich und öffentlich sich darüber zu verständigen und zu benennen, wo und wann die Akzeptanz dieser menschenverachtenden Politik in den Köpfen der Menschen zu greifen beginnt und unsere Gesellschaften zu vergiften droht. Es ist gut, dass in diesen Tagen hunderttausende Menschen vielfach selbstorganisiert auf die Straße gehen, um gegen die AfD, gegen rechte Kräfte insgesamt zu protestieren und sich symbolisch schützend vor Demokratie und Menschenrechte zu stellen. Diese Mobilisierung macht mir Mut, dass wir in einem entschlossenen – und gemeinsamen! – Kampf erfolgreich gegen die Rechtswende in Europa sein können. Zumal auch in anderen europäischen Staaten Tausende gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit demonstrieren. Für uns als LINKE-Aktivist:innen und Politiker:innen in den Kommunal-, Regional- und Landesparlamenten, im Bundestag und im Europaparlament heißt das vor allem, konsequent jene Felder mit realistischen Konzepten und aktiven Entscheidungen zu beackern, die die Rechten für das Schüren von Ängsten und für ihre perfide Propaganda angesichts der vielfachen Krisenprozesse und der zunehmend schier die einzelnen Menschen überwältigenden komplexen Herausforderungen für die Gesellschaft, den Staat und die Gesellschaft meinen nutzen zu können. Soziale Sicherheit für alle, eine ökologische Transformation und Klimapolitik, die nicht zu Lasten jener Menschen geht, die ohnehin immer weniger im Portemonnaie haben, eine Asyl- und Migrationspolitik, die verfolgten Menschen Schutz bietet und ebenso als Entwicklungsfaktor für Deutschland nutzbar sein kann. Nicht zuletzt: Eine Politik Deutschlands und der EU, die sich für Frieden und Abrüstung, für diplomatische Konfliktlösungen und eine globale Sicherheitsarchitektur auf Basis von Gleichberechtigung und Völkerrecht einsetzt. Diese Punkte zogen sich wie ein roter Faden auch durch die verschiedenen Workshops und Diskussionsrunden zum Jahresauftakttreffen der LINKEN am Samstag vor einer Woche. Neben den inhaltlichen Themen war gerade das Spektrum des Publikums nicht nur aufschlussreich, sondern auch ermutigend: zahlreiche Teilnehmende wollten in der aktuellen Situation der Partei DIE LINKE wissen, welche Akzente für das Superwahljahr 2024 gesetzt würden, und das Tagungszentrum der Berliner Stadtmission platzte fast aus allen Nähten, so viele Interessierte hatten sich eingefunden. Eine gute Ausgangsbasis für unseren Wahlkampf zu den Europawahlen am 9. Juni, wenn die Vorhaben jetzt konkret runtergebrochen und v. a. aber vermittelt und im solidarischen breiten Miteinander umgesetzt werden. Derartige wie oben skizzierten Fragen charakterisierten auch den Meinungsaustausch während eines zweitägigen Workshops zur schwierigen Komplexität des in diesen Wochen beginnenden mehrjährigen EU-Beitrittsprozesses der West-Balkan-Staaten, der Ukraine und der Republik Moldau am letzten Wochenende in Prag. Mit interessierten Fachleuten und Aktivist:innen aus den sich um Mitgliedschaft zur EU bewerbenden Staaten, aber auch aus Georgien und mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten berieten wir Aspekte der geostrategischen Bedeutung aber auch konkrete Reformen, die in der EU27 selbst und in den Kandidatenländern notwendigerweise anstehen und jetzt als Rahmenbedingungen für die Beitrittsverhandlungen abgesteckt werden müssen, wenn das Ganze nicht an sozialen und ökonomischen Widersprüchen und Differenzen zerschellen soll. Wie also müssen die Gemeinsame Agrarpolitik oder die Struktur- und Regionalpolitik grundsätzlich neu entwickelt werden, wie soll der künftige mehrjährige Finanzrahmen und die Haushaltspolitik entsprechend aufgesetzt werden? Viele Fragen stellen sich und noch viele mehr brauchen zur Beantwortung die aktive Einbeziehung der Bürger*innen und aller in der EU lebenden Menschen - partizipative Demokratie in Aktion. Nicht zufällig werden auch die Ausschüsse für Auswärtige (AFET) und für konstitutionelle Angelegenheiten (AFCO) gemeinsam ihren Bericht zur „Vertiefung der EU-Integration hinsichtlich der künftigen Erweiterung“ auch in dieser Woche am Dienstag abstimmen. Denn die Zeit drängt - das Europarlament soll und will noch in dieser Legislaturperiode bis Juni 2024 seine Position zum Fahrplan von EU-Rat und -Kommission beschließen. Es bleibt spannend!
Ihr Helmut Scholz |
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