"Vor Verhandlung muss ein neues Mandat eingeholt werden"
Mitschnitt SWR aktuell 21.8.2018
Vorspann: Wie soll es weitergehen im Handelskonflikt zwischen der Europäischen Union und den USA? Vor einem Monat noch hatten Präsident Trump und EU-Kommissionspräsident Juncker überraschend vereinbart, dass die USA ihre angedrohten Strafzölle auf Autos aus der EU erst mal nicht erheben und über Stahl- und Aluminiumzölle soll noch verhandelt werden. Heute geht’s los damit. Die Handelsberater von Trump und Juncker treffen sich in Washington, um das weitere Vorgehen zu beraten. Darüber spreche ich mit dem Europapolitiker Helmut Scholz von der Partei DIE LINKE. Er ist Mitglied im Ausschuss für Internationalen Handel.
Frage: Wie optimistisch sind Sie denn, dass die Europäische Union und die USA sich im Handelsstreit jetzt annähern?
Antwort: Ich sehe erst einmal diese jetzt anberaumten Verhandlungen doch durchaus kritisch, weil wir wissen nicht, auf welcher Grundlage die Handelsberater von Herrn Juncker, dem Kommissionspräsidenten, mit den Amerikanern verhandeln wollen, denn es gibt kein Mandat für diese Verhandlungen. Und deshalb ist völlig unklar, was dort konkret besprochen werden soll. Das, was Präsident Trump bisher mit seinen Handelskriegen oder seinen Handelskriegszügen gegenüber China, gegenüber der EU, Stichwort, Sie haben es genannt: Aluminium-, Stahlzölle, ausgelöst hat, das alles bleibt bestehen. Und es gab auch nach den Gesprächen zwischen Trump und Juncker keinerlei Rücknahme der angedrohten und erhobenen Strafzölle auf Produkte der Stahl-, Aluminiumbranche gegenüber der EU. Und das zeugt doch davon, dass offensichtlich der Präsident Trump und dann von ihm beauftragt die entsprechenden Sondierer offensichtlich die Zusammenarbeit zu den Bedingungen Amerikas durchsetzen wollen.
F: Das heißt, Sie haben nach diesem Treffen von Juncker und Trump keine wirkliche Entspannung und Annäherung spüren können, so wie sich das anhört?
A: Im realen wirtschaftlichen Austausch gibt es keine Entspannung. Es gibt Ankündigungen, es gibt die Zusagen und die ersten Lieferungen auf dem Gebiet von Agrarprodukten, zum Beispiel die Sojabohnen-Exporte sind erheblich gestiegen aus den USA in die EU. Das sind alles sozusagen bestimmte Schritte, die den USA geholfen haben, aber für die europäische Wirtschaft aller Couleur gibt es bisher keine reale Bewegung. Und deshalb glaube ich, ist es dringend notwendig, dass das, was Kommissionspräsident Juncker als auch die Handelskommissare und Malmström gegenüber dem Parlament und dem Handelsausschuss noch im Juli zugesichert haben: Vor Verhandlungen muss sozusagen ein neues Mandat eingeholt werden. Hier sehe ich eigentlich bisher kein einheitliches Agieren auch der EU, und das, glaube ich, ist ganz dringend notwendig, wenn Verhandlungen im Interesse von Beschäftigung, im Interesse von sozialen Standards und Umweltstandards Erfolg haben sollen.
F: Sie sagen also, die USA wollen einen Deal zu ihren Bedingungen aushandeln und bleiben da anscheinend auch hart. Wie sollten sich die Vertreter der Europäischen Union denn heute da bei den Verhandlungen verhalten? Sollten sie noch weiter auf die USA eingehen, oder eher hart bleiben und den eigenen Standpunkt durchdrücken? Also was ist da die richtige Strategie heute?
A: Aus meiner Sicht sollten die EU-Vertreter den Welthandel im Blick behalten, die internationale Kooperation. Es kann nicht sein, dass wir bilateral unsere Vorteile jetzt irgendwie mit den Amerikanern ausdealen. Es ist dringend notwendig, dass man das bilaterale Aushandeln aussetzt und zurückkehrt in die WTO. Im Rahmen der Welthandelsorganisation sollten hier gemeinsame Sondierungen erfolgen. Das muss gemeinsam geklärt werden. Und ich glaube, hier wäre seitens der EU ein ganz deutliches Signal in Washington zu geben: Wir brauchen eine Rückkehr zum multilateralen Handelssystem und ein aktives Engagement auch der USA in der WTO.
Foto: imago